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BMF Amtliches AO-Handbuch


Abgabenordnung
§ 234
Stun­dungs­zin­sen


(1) 1Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. 2Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.


AEAO

Anwendungserlass
AEAO zu § 234

AEAO zu § 234 – Stundungszinsen:


1.

Stundungszinsen werden für die Dauer der gewährten Stundung erhoben. Die Höhe der Zinsen ändert sich nicht, wenn der Steuerpflichtige vor oder nach dem Zahlungstermin zahlt, der in der Stundungsverfügung festgelegt ist (Sollverzinsung).

Eine vorzeitige Tilgung führt nicht automatisch zu einer Ermäßigung der Stundungszinsen. Soweit der gestundete Anspruch allerdings mehr als einen Monat vor Fälligkeit getilgt wird, kann auf bereits festgesetzte Stundungszinsen für den Zeitraum ab Eingang der Leistung auf Antrag verzichtet werden (§ 234 Abs. 2 AO). Eine verspätete Zahlung löst zusätzlich Säumniszuschläge aus.


2.

Wird die gestundete Steuerforderung vor Ablauf des Stundungszeitraums herabgesetzt, ist der Zinsbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entsprechend zu ändern. Eine Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung hat keine Auswirkungen auf die Stundungszinsen (§ 234 Abs. 1 Satz 2 AO). Werden Vorauszahlungen gestundet, sind Stundungszinsen nur im Hinblick auf eine Änderung der Vorauszahlungsfestsetzung, nicht aber im Hinblick auf die Festsetzung der Jahressteuer herabzusetzen.


3.

Die Stundungszinsen werden regelmäßig zusammen mit der Stundungsverfügung durch Zinsbescheid festgesetzt. Die Formvorschriften für Steuerbescheide (§ 157 Abs. 1, ggf. § 87a Abs. 4 AO) gelten entsprechend.

Sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine andere Regelung erfordern, sind die Stundungszinsen zusammen mit der letzten Rate zu erheben. Bei einer Aufhebung der Stundungsverfügung (Rücknahme oder Widerruf) sind auch die auf ihr beruhenden Zinsbescheide aufzuheben oder zu ändern; §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 171 Abs. 10 AO gelten gem. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO entsprechend.


Beispiel:

Das Finanzamt hat am 10.03.2004 eine am 25.02.2004 fällige Einkommensteuerforderung von 3.600 € ab Fälligkeit gestundet. Der Betrag ist in 12 gleichen Monatsraten von 300 €, beginnend am 01.04.2004 zu zahlen. Die Zinsen von 117 € sind zusammen mit der letzten Rate am 01.03.2005 zu erheben.

Das Finanzamt erfährt im August 2004, dass eine wesentliche Verbesserung der Vermögensverhältnisse des Schuldners eingetreten ist. Es widerruft deshalb die Stundung nach § 131 Abs. 2 Nr. 3 AO und stellt den gesamten Restbetrag von 2.100 € zum 01.09.2004 fällig.

Der Zinsbescheid ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern. Die Zinsen i. H. v. insgesamt 85 € (gerundet nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO) sind zum 01.09.2004 zu erheben.


4.

Der Zinslauf beginnt bei den Stundungszinsen an dem ersten Tag, für den die Stundung wirksam wird (§ 238 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 234 Abs. 1 Satz 1 AO). Bei einer Stundung ab Fälligkeit beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der ggf. nach § 108 Abs. 3 AO verlängerten Zahlungsfrist.


Beispiele:

  1. Fälligkeitstag ist der 12.03.2004 (Freitag). Der Zinslauf beginnt am 13.03.2004 (Sonnabend).
  2. Fälligkeitstag ist der 13.03.2004 (Sonnabend). Die Zahlungsfrist endet nach § 108 Abs. 3 AO erst am 15.03.2004 (Montag). Der Zinslauf beginnt am 16.03.2004 (Dienstag).

Wegen der Fälligkeit der Anmeldungssteuern vgl. AEAO zu § 240, Nr. 1 Satz 2.


5.

Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages, für den die Stundung ausgesprochen worden ist. Ist dieser Tag ein Sonnabend, ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag, endet der Zinslauf erst am nächstfolgenden Werktag. Wegen der Berechnung vgl. AEAO zu § 238, Nr. 1.


Beispiele:

  1. Die Steuer ist bis zum 26.03.2004 (Freitag) gestundet. Der Zinslauf endet am 26.03.2004.
  2. Die Steuer ist bis zum 27.03.2004 (Sonnabend) gestundet. Der Zinslauf endet nach § 108 Abs. 3 AO am 29.03.2004 (Montag).

In Insolvenzverfahren endet der Zinslauf spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da zu diesem Zeitpunkt die gestundete Steuerforderung fällig wird (§ 41 Abs. 1 InsO). Eine bereits erfolgte Festsetzung von Stundungszinsen ist ggf. zu korrigieren.


6.

Stundungszinsen sind nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO); vgl. AEAO zu § 238, Nr. 1.


Beispiel:

Ende der
ursprünglichen
Zahlungsfrist

Beginn
des Zinslaufs
Ablauf der
Stundung nach
Stundungs­verfügung

Ende 
des Zinslaufs

Voller
Monat
13.05.2004 (Do)14.05.2004 (Fr)13.06.2004 (So)14.06.2004 (Mo)ja
13.05.2004 (Do)14.05.2004 (Fr)11.06.2004 (Fr)11.06.2004 (Fr)nein
31.01.2005 (Mo)01.02.2005 (Di)28.02.2005 (Mo)28.02.2005 (Mo)ja

7.

Zu verzinsen ist der jeweils gestundete Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) mit Ausnahme der Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§ 233 Satz 2 AO). Die Zinsen sind für jeden Anspruch (Einzelforderung) besonders zu berechnen. Bei der Zinsberechnung sind die Ansprüche zu trennen, wenn Steuerart, Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen.


Beispiele für gesondert zu verzinsende Ansprüche:

  1. Einkommensteuervorauszahlungen I/04 und II/04;
  2. die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2004 durch Bescheid vom 03.05.2006 führt zu einer Abschlusszahlung i. H. v. 4.290 €; nach Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 129 AO) durch Steuerbescheid vom 01.06.2006 fordert das Finanzamt weitere 850 €.

8.

Die Kleinbetragsregelung des § 239 Abs. 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die für eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden


Beispiel:

Es werden ab Fälligkeit jeweils für einen Monat folgende
Einzelforderungen gestundet:
ZinsenAbgerundet
(§ 239 Abs. 2
Satz 1 AO)
Einkommensteuervorauszahlung i. H. v.____1.950,00 €
Solidaritätszuschlag i. H. v.___________________200,00 €
Umsatzsteuerabschlusszahlung i. H. v._______600,00 €
9,75 €
1,00 €
3,00 €
9,00 €
1,00 €
3,00 €

Zinsen werden nicht festgesetzt, da sie für keine der Einzelforderungen zehn Euro erreichen.


9.

Bei Gewährung von Ratenzahlungen sind Stundungszinsen nach § 238 Abs. 2 AO wie folgt zu berechnen:

Der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart ist auf den nächsten durch fünfzig Euro zu teilenden Betrag abzurunden. Ein sich durch die Abrundung ergebender Spitzenbetrag (Abrundungsrest) ist für Zwecke der Zinsberechnung bei der letzten Rate abzuziehen. Bei höheren Beträgen soll die Stundung i. d. R. so ausgesprochen werden, dass die Raten mit Ausnahme der letzten Rate auf durch fünfzig Euro ohne Rest teilbare Beträge festgesetzt werden.


Beispiel:

1. Variante:
Ein Anspruch i. H. v. 4.215 € wird in drei Monatsraten zu 1.400 €, 1.400 € und 1.415 € gestundet.

Raten:  Zinsen:
1. Rate1.400 €7,00 €
2. Rate1.400 €14,00 €
3. Rate1)1.415 €21,00 €
festzusetzende Zinsen     42,00 €

1) Die Zinsberechnung erfolgt von 1.415 € ./. 15 € = 1.400 €



2. Variante:
Ein Anspruch i. H. v. 4.215 € wird in drei gleichen Monatsraten zu jeweils 1.405 € gestundet.

Raten:  Zinsen:
1. Rate1.405 €7,02 €
2. Rate1.405 €14,05 €
3. Rate2)1.405 €21,85 €
Summe41,92 €
festzusetzende Zinsen
(abgerundet nach § 239 Abs. 2 S. 1 AO)     
41,00 €

2) Die Zinsberechnung erfolgt von 1.405 € ./. 15 € = 1.390 €.



10.

Sollen mehrere Ansprüche in Raten gestundet werden, so ist bei der Festlegung der Raten möglichst zunächst die Tilgung der Ansprüche anzuordnen, für die keine Stundungszinsen erhoben werden. Sodann sind die Forderungen in der Reihenfolge ihrer Fälligkeit zu ordnen; bei gleichzeitig fällig gewordenen Forderungen soll die niedrigere Forderung zuerst getilgt werden. Dies gilt nicht, wenn die Sicherung der Ansprüche eine andere Tilgungsreihenfolge erfordert.


Beispiel:

Das Finanzamt stundet die Einkommensteuervorauszahlung IV/04 i. H. v. 850 € (erstmals fällig am 10.12.2004), die Einkommensteuervorauszahlung I/05 i. H. v. 300 € (erstmals fällig am 10.03.2005), die Einkommensteuer-Abschlusszahlung für 2003 i. H. v. 11.150 € (erstmals fällig 20.05.2005), die Umsatzsteuer-Abschlusszahlung für 2003 i. H. v. 7.800 € (erstmals fällig am 20.05.2005) sowie Verspätungszuschläge i. H. v. 650 € (erstmals fällig am 10.6.2005) in insgesamt drei Raten.


Gestundeter
Anspruch
erstmals
fällig am
Betrag in €1. Rate in €
(14.7.2005)
Rest in €2. Rate in €
(14.8.2005)
Rest in €3. Rate in €
(14.9.2005)
Rest in €
ESt IV/0410.12.20048508500
ESt I/0510.03.20053003000
ESt 200318.05.200511.150011.150011.15011.1500
USt 200318.05.20057.8008007.0003.0004.0004.0000
Verspätungs-
zuschlag
10.06.20056506500
Summen20.7502.60018.1503.00015.15015.1500

Zinsberechnung:

gestundeter
Anspruch
Fällig amZahlungsterminBetrag in €Zinsmonatev. H.Zinsen in €Festzu­setzende
Zinsen in €
ESt IV/0410.12.200414.07.200585073,529,753)29,00
ESt I/0510.03.200514.07.200530042,06,004)0,00
ESt 200318.05.200514.09.200511.15031,5167,253)167,00
USt 200318.05.200514.07.200580010,54,005)
USt 200318.05.200514.08.20053.00021,030,005)
USt 200318.05.200514.09.20054.00031,560,005)
Verspätungs-
zuschlag
10.06.200514.07.20056506)

3) 29,75 € werden auf 29,00 € und 167,25 € werden auf 167 € zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (§ 239 Abs. 2 Satz 1 AO).
4) Kleinbetrag unter 10 € (§ 239 Abs. 2 Satz 2 AO).
5) 4,00 € + 30,00 € + 60,00 € = 94,00 € insgesamt festzusetzende Zinsen.
6) Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen werden nicht verzinst (§ 233 Satz 2 AO).



11.

Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gem. § 234 Abs. 2 AO im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Ein solcher Verzicht kann z. B. in Betracht kommen bei Katastrophenfällen, bei länger dauernder Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners, bei Liquiditätsschwierigkeiten allein infolge nachweislicher Forderungsausfälle im Konkurs-/Insolvenzverfahren und in ähnlichen Fällen, im Rahmen einer Sanierung, sofern allgemein ein Zinsmoratorium gewährt wird, sowie im Hinblick auf belegbare, demnächst fällig werdende Ansprüche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhältnis, soweit hierfür innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gem. § 233a AO anfallen. Auch wird eine Stundung i. d. R. dann zinslos bewilligt werden können, wenn sie einem Steuerpflichtigen gewährt wird, der bisher seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, pünktlich nachgekommen ist und der in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen in Anspruch genommen hat; in diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen i. d. R. nur in Betracht, wenn für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gestundet wird und der insgesamt zu stundende Betrag 5.000 € nicht übersteigt. Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme vgl. AEAO zu § 347, Nr. 4.


12.

Wird ein Anspruch auf Rückforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage, Eigenheimzulage, Investitionszulage, Forschungszulage, Mobilitätsprämie oder Wohnungsbauprämie gestundet, so sind – da die Vorschriften über die Steuervergütung entsprechend gelten – Stundungszinsen zu erheben (§ 234 i. V. m. § 37 Abs. 1 AO).


Quellennachweis
Bundesfinanzministerium:

https://ao.bundesfinanzministerium.de/ao/2021/Abgabenordnung/Fuenfter-Teil/Zweiter-Abschnitt/Erster-Unterabschnitt/Paragraf-234/inhalt.html


§ 233a Abgabenordnung:

https://ste-u-err-echt.com/233aao/

§ 235 Abgabenordnung:

https://ste-u-err-echt.com/235ao/

§ 3 Abgabenordnung,
Steuern, steuerliche Nebenleistungen:

https://ste-u-err-echt.com/3ao/

Steuerliche Nebenleistungen:

https://ste-u-err-echt.com/steuerliche-nebenleistungen/

BMF-Schreiben vom 19.03.2020,
Verzicht auf Stundungszinsen (zur Berücksichtigung
der Auswirkungen des Coronavirus)

https://ste-u-err-echt.com/bmf-4/

§ 234 Abgabenordnung (AO 2021)

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Herzlich Willkommen auf meiner Website / meinem Blog Steuerrecht. Ich bin ausgebildete Finanzwirtin und arbeite in Düren als selbständige Beratungsstellenleiterin für einen der größten Lohnsteuerhilfevereine Deutschlands. Mit meiner Website / meinem Blog möchte ich euch bei steuerlichen Fragen beratend zur Seite stehen und auch informieren. Viel Spaß beim Stöbern. Bleibt gesund.

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