Übungsaufgabe 4 – Das Gutachten
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Das Gutachten




A. Anspruch des V gegen K auf Bezahlung und Abnahme des Schönfelders aus Kaufvertrag, § 433 Abs. 2 BGB (Anspruchentstehung)

V steht ein Anspruch gegen K auf Abnahme des Schönfelders und auf Zahlung von € 25,- nach § 433 Abs. 2 BGB zu, wenn zwischen beiden Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist.




I. Vertragsschluss

Ein Kaufvertrag setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme voraus. Zudem müsste das Angebot innerhalb der Annahmefrist angenommen worden sein.



1. Angebot des V


(a)
Das Angebot könnte in der telefonischen Erklärung des V liegen. Das Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist. Darin müssen alle wesentlichen Regelungen des angestrebten Vertrages (sog. essentialia negotii) so bestimmt enthalten sein, dass der Empfänger den Vertrag durch einfache Bejahung annehmen kann. Dies bedeutet für den Kaufvertrag, dass die Kaufsache und der Kaufpreis erkenntlich sein müssen. V hat dem K beim Telefongespräch den Schönfelder zum Preis von € 25,- angeboten, folglich sind Kaufgegenstand und Kaufpreis hinreichend bestimmt, ein Angebot in Form einer Willenserklärung liegt daher vor.


(b)
Weitere Voraussetzung ist, dass das Angebot des V wirksam geworden ist. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird durch Abgabe und Zugang wirksam. Abgegeben ist eine Willenserklärung dann, wenn sie der Erklärende willentlich in den Verkehr gebracht hat. Mit seiner Erklärung am Telefonat, hat der V sie willentlich entäußert, also die Willenserklärung abgegeben. Weiterhin müsste das Angebot des V dem K auch zugegangen sein. V hat sein Angebot dem K telefonisch unterbreitet. Bei der Abgabe einer Willenserklärung während eines Telefongesprächs handelt es sich um eine nicht verkörperte Willenserklärung, die unter Anwesenden abgegeben wird, vgl. § 147 I 2 BGB. Die Voraussetzungen für den Zugang unter Anwesenden sind umstritten.

aa)
Nach der strengen Vernehmungstheorie ist die Willenserklärung nur zugegangen, wenn sie tatsächlich vernommen und auch richtig verstanden wurde. Dabei geht der Vernehmungsfehler zu Lasten des Erklärenden. Hier hat K die Erklärung des V falsch verstanden, so dass der Zugang zu verneinen wäre.1

bb)
Nach der abgeschwächten Vernehmungstheorie soll dagegen ein Zugang auch dann vorliegen, wenn die Erklärung zwar nicht richtig vernommen oder verstanden worden ist, der Erklärende aber zweifelsfrei davon ausgehen konnte, richtig verstanden worden zu sein. Hier hat K die Erklärung des V hinsichtlich des Preises nicht richtig verstanden, aber K hatte keinerlei Anhaltspunkte für ein Missverständnis, so dass demnach ein wirksamer Zugang zu bejahen wäre.

cc)
Der abgeschwächten Vernehmungstheorie ist der Vorzug zu geben. Zwar findet sich im Gesetz keine ausdrückliche Regelung über den Zugang von Willenserklärungen unter Anwesenden, vgl. §§ 130-132 BGB. Dennoch widerspricht die einseitige Risikoverlagerung zu Ungunsten des Erklärenden der grundsätzlichen Wertung dieser Vorschriften. Betrachtet man den im Gesetz geregelten Fall des Zugangs von Willenserklärungen unter Abwesenden in § 130 Abs. 1 S. 1 BGB, so kann festgestellt werden, dass es nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Erklärungsempfängers ankommen soll, sondern darauf, ob dieser nach normalen Umständen Kenntnis nehmen kann. Ein wirksamer Zugang ist mit der abgeschwächten Vernehmungstheorie daher zu bejahen, so dass die telefonische Erklärung des V wirksam geworden ist. Ein Angebot des V liegt daher in seiner telefonischen Erklärung.



2. Annahme durch K


Dieses Angebot müsste der K auch angenommen haben. Die Annahmeerklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung die inhaltlich auf die Zustimmung zu dem Angebot gerichtet ist. Eine solche Annahmeerklärung könnte in der telefonischen Zustimmung des K zu dem Angebot des V gesehen werden.

aa)
Die telefonischen Zustimmung des K erfüllt unstreitig die Tatbestandsmerkmale einer Willenserklärung und ist, da der V sie willentlich in den Verkehr gebracht abgegeben und da V diese Zustimmungserklärung auch vernommen hat, auch wirksam zugegangen.

bb)
Zu prüfen ist jedoch, ob sie inhaltlich mit dem Angebot des V übereinstimmt. Der K wollte erklären, er nehme den Schönfelder für 20 Euro, dieser innere Wille des K war dem V aber nicht bekannt. Es muss also bestimmt werden, welcher Erklärungswert die Äußerung des K hat. Dieses ist im Wege der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Der K kann mit der Zustimmung zu dem Angebot des V einmal zum Ausdruck gebracht haben, er nehme den Schönfelder für 20 Euro, dann wäre die Erklärung des K nicht auf das Angebot des V bezogen und es läge keine Annahme des Angebotenen vor. Ist die Erklärung des K hingegen so zu verstehen, dass er den Schönfelder für 25 Euro kaufen wolle, so wäre die Erklärung des K auf das Angebot des V bezogen, so dass ein wirksame Annahmeerklärung vorliegt.

Welche Möglichkeit hier in Betracht kommt ist aus Sicht eines sorgfältigen Empfängers zu ermitteln. Ein solcher würde bei einer uneingeschränkten Zustimmung zu einem Kaufangebot davon ausgehen, dass sich der Zustimmende mit den essentialia negotii, also mit dem Kaufpreis und dem Kaufgegenstand einverstanden erklärt. Folglich hat, aus der Sicht eines sorgfältigen Empfängers, der K sich mit dem Angebot des V auch bezüglich des Kaufpreises einverstanden erklärt. Die Willenserklärungen sind daher objektiv deckungsgleich, ein wirksames Angebot des K liegt daher vor.



3. Annahmefrist nach § 147 Abs.1 S. 1


Damit ein wirksamer Kaufvertrag zustande kommt ist weiterhin Voraussetzung, dass das Angebot innerhalb der Annahmefrist angenommen wurde. Bei Erklärungen unter Anwesenden, wozu gem. § 147 Abs. 1 S. 2 BGB auch fernmündliche Angebote zählen (s. o.), kann ein Angebot nach § 147 Abs. 1 S. 1 BGB nur sofort angenommen werden. Die Erklärung des K erfolgte unmittelbar nach dem Angebot des V, also sofort. Das Angebot des K wurde daher wirksam angenommen. Es liegen folglich zwei deckungsgleiche Willenserklärungen vor, so dass ein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K zustande gekommen ist. (ME kann das viel kürzer bejaht werden: „Dieses fernmündliche, also unter Anwesenden erfolgte Angebot des V hat K ’sofort‘, vgl. § 147 I 1 BGB, und somit rechtzeitig angenommen.“)



4. Zwischenergebnis

Folglich wäre durch das Telefonat zwischen K und V ein Kaufvertrag i. S. d. § 433 BGB über den Schönfelder zum Preis von € 25,- zustande gekommen. Demnach hätte V gegen K einen Anspruch auf Abnahme des Schönfelders und auf Bezahlung der € 25,- aus § 433 Abs. 2 BGB




II. Untergang des Anspruches nach § 142 Abs. 1 BGB

Der Anspruch könnte jedoch nach § 142 Abs. 1 BGB wieder entfallen sein, wenn K den Kaufvertrag wirksam angefochten hat. Eine Anfechtung setzt einen Anfechtungsgrund, eine Anfechtungserklärung gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner, innerhalb der Anfechtungsfrist voraus.



1. Anfechtungsgrund


Als Anfechtungsgrund kommt vorliegend ein Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB in Betracht, wenn der K bei der Abgabe seiner Willenserklärung über den Inhalt des Gesagten im Irrtum gewesen sein. Ein Inhaltsirrtum liegt dann vor, wenn der Erklärende über den Sinn und die Bedeutung einer Erklärung irrt. Bei der Abgabe seiner Annahmeerklärung hat sich K vorgestellt, er nehme durch seine Willenserklärung ein Angebot des V zum Preis von € 20,- an. Tatsächlich hat aber die Auslegung seiner Willenserklärung nach §§ 133, 157 BGB ergeben, dass er ein Kaufangebot zum Preis von € 25,- angenommen hat (s.o.). Es ist daher festzustellen, dass hier Gewolltes (Annahme zu € 20,-) und tatsächlich erklärtes (Annahme zu € 25,-) bei K unbewusst auseinander fallen. Folglich liegt auf Seiten des K ein Inhaltsirrtum vor, der gem. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB zur Anfechtung berechtigt.

(Vergessen Sie nicht hier [zumindest gedanklich] das Merkmal der Erheblichkeit [wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde] zu überprüfen. Hierauf wird es zwar selten ankommen, es schadet aber sicherlich nicht sich die Passage im Gesetz anzustreichen.)



2. Anfechtungserklärung


Die Anfechtung müsste nach der Vorschrift des § 143 Abs. 1 BGB erklärt worden sein. K hat nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass er seine Annahme anfechten möchte. Als V ihm den Schönfelder bringt und den Preisunterschied bemerkt, wollte er die Gesetzessammlung sofort zurückgeben.

Fraglich ist, ob dies als Anfechtungserklärung i. S. d. § 143 Abs. 1 BGB ausreicht.

Eine Anfechtungserklärung ist eine rechtsgestaltende Willenserklärung. Daher gelten für sie ebenfalls die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Es ist also der wahre Wille der Erklärung zu erforschen, wie er sich nach dem objektiven Empfängerhorizont ergibt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Laien im Rechtsverkehr nicht immer die richtigen Fachausdrücke kennen, weshalb deren Verwendung von ihnen nicht immer verlangt werden kann. Es ist somit eine sog. „laiengünstige Auslegung“ vorzunehmen, nach der es für eine Anfechtung genügt, wenn aus der Erklärung des Anfechtungsberechtigten der Anfechtungsgrund hervorgeht, sowie unmissverständlich hervorgeht, dass er an das Rechtsgeschäft nicht mehr gebunden sein möchte.

Hier hat K seinen bei der Annahmeerklärung unterlaufenen Irrtum bezüglich des Preises offenbart, sowie klargemacht, dass er den Schönfelder zu diesem Preis nicht haben möchte. Aus dem Verhalten des K geht also hervor, dass er wegen eines Inhaltsirrtums gem. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht mehr an seine Willenserklärung gebunden sein möchte. Seine Erklärung kann somit als Anfechtungserklärung i. S. v.
§ 143 Abs. 1 BGB ausgelegt werden. Eine Anfechtungserklärung liegt somit vor.



3. Anfechtungsgegner


Die Anfechtungserklärung müsste nach § 143 Abs. 1 BGB dem richtigen Anfechtungsgegner gegenüber abgegeben worden sein. Bei der Anfechtung einer Willenserklärung, die zu einem Vertrag führt (zweiseitiges Rechtsgeschäft), ist nach
§ 143 Abs. 2 BGB der Vertragspartner richtiger Anfechtungsgegner. Vertragspartner ist hier der V, dem K seine Anfechtung auch gegenüber erklärt hat. K hat also die Anfechtung dem richtigen Anfechtungsgegner gegenüber erklärt.



4. Anfechtungsfrist


Ferner müsste K die Anfechtung innerhalb der gesetzlichen Frist erklärt haben. Für Anfechtungen wegen Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB müssen nach § 121 BGB unverzüglich erfolgen. D. h., dass die Anfechtungserklärung ohne schuldhaftes Zögern (sog. Legaldefinition durch das Gesetz selber für „unverzüglich“) erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat K seinen Irrtum wegen des Preises unmittelbar bei Erhalt der Gesetzessammlung aufgedeckt.

Die Anfechtungserklärung ist somit ohne schuldhaftes Zögern, also unverzüglich erfolgt. Demnach hat K die Anfechtungsfrist des § 121 Abs.1 S. 1 BGB eingehalten.



5. Teilergebnis


Demnach hat K den Kaufvertrag wirksam wegen eines Inhaltsirrtums i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB angefochten, was nach § 142 Abs. 1 BGB zur Folge hat, dass das Rechtsgeschäft als von Anfang an (ex tunc) unwirksam gilt.




III. Ergebnis

Der Kaufvertrag zwischen V und K ist daher rückwirkend vernichtet worden, so dass dem V kein Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB gegen K auf Abnahme des Schönfelders und Zahlung von € 25,- zusteht.




B. Anspruch des V gegen K auf Ersatz der Portokosten gem. § 122 Abs. 1 BGB

Möglicherweise kann V von K aber die Kosten für die Versendung des Schönfelders gem. §122 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.

Dies setzt voraus, dass eine Anfechtung nach § 119 BGB stattgefunden hat, der Anfechtungsgegner die Anfechtbarkeit weder kannte noch kennen musste (§ 122 Abs. 2 BGB) und der entstandene Schaden seinem Umfang nach von § 122 BGB erfasst wird.




I. Anfechtung gem. § 119 BGB

Ein Anspruch aus § 122 Abs. BGB setzt zunächst voraus, dass eine Willenserklärung gem. § 118 BGB nichtig oder gem. §§ 119, 120 BGB angefochten worden ist.

Wie oben bereits dargestellt worden ist, hat K seine Willenserklärung wirksam wegen Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB angefochten. Dieser Tatbestand des § 122 Abs. 1 BGB ist insoweit erfüllt.




II. Kennen oder Kennen müssen, § 122 Abs. 2 BGB

Weiterhin dürfte V gem. § 122 Abs. 2 BGB nichts von der Anfechtbarkeit der Annahmeerklärung des K gewusst haben.

Positive Kenntnis seitens des V, dass sich K in einem Inhaltsirrtum befand, kann aufgrund der Sachverhaltsschilderung ausgeschlossen werden, sodass es nur darauf ankommt, ob V den Irrtum des K hätte kennen müssen. Gem. der Legaldefinition des §122 Abs. 2 BGB ist ein Kennen müssen dann anzunehmen, wenn der Geschädigte, hier V, aufgrund von Fahrlässigkeit den Grund der Anfechtbarkeit nicht kannte. D. h., dass zu prüfen ist, ob der Inhaltsirrtum i. S. d. § 119 Abs. Alt. 1 BGB bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt von V hätte erkannt werden können.

Vorliegend ist der Irrtum des K durch ein Missverständnis bei dem Telefongespräch zustande gekommen. Jedoch hat K während des Gesprächs nicht erkennbar gemacht, dass er von einem anderen, niedrigeren Preis als V ausging. Dieser Irrtum resultiert, soweit ersichtlich, auch nicht aus einem äußerlichen oder auf V zurückgehenden Grund, sodass auch die Annahme einer Pflicht zur Nachfrage seitens des V nicht begründet werden kann.

Folglich ist festzustellen, dass die Anfechtbarkeit der Annahmeerklärung wegen Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB für V nicht erkennbar war.

Ein Anspruch auf Schadensersatz ist also dem Grunde nach gegeben.




III. Umfang des Schadensersatzes

Fraglich ist, welchen Umfang dieser Ersatzanspruch aus § 122 BGB hat. Gem. § 122 Abs. 1 BGB ist ein erlittener Schaden nur insoweit zu Ersetzen, als der Erklärungsempfänger (hier V) auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut (sog. Vertrauensschaden oder negatives Interesse). Es bleibt also zu klären, ob die Versendungskosten als Vertrauensschaden erfasst werden können.

Der Umfang des Vertrauensschadens wird dadurch bestimmt, dass ein hypothetische Erwägung vorgenommen wird, wie der Anfechtungsgegner stünde, wenn er auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht vertraut hätte.

Vorliegend hat V im Vertrauen auf das Zustandekommen des Kaufvertrages, wie verabredet, den Schönfelder per Post versandt. Hierdurch sind ihm Kosten entstanden. Diese Aufwendungen wären von V nicht getätigt worden, wäre der Kaufvertrag mit K nicht gewesen, sind also bei einer hypothetischen Betrachtung seiner Situation als Schaden zu qualifizieren.

Die Versendungskosten stellen folglich einen Vertrauensschaden dar und sind damit dem vollem Umfang nach von § 122 Abs. 1 BGB erfasst.

Dieses Ergebnis ist mE falsch:
§ 122 I aE beschränkt den Schadensersatz zusätzlich auf die Höhe des positiven Interesses, d. h. das negative Interesse wird nur soweit ersetzt, als es das positive Interesse nicht übersteigt. Letzteres ist hier nicht leicht zu bestimmen. Positives Interesse heißt, dass der Gläubiger (des Schadensersatzanspruchs) so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte. Dann hätte V 25 EUR Kaufpreis eingenommen. Jedoch hätte er auch den Schönfelder abgeben müssen. Dessen objektiver Wert ist also in Abzug zu bringen. Zu beachten ist mE nicht, dass V gar kein Interesse am Schönfelder mehr hatte, dieser also für ihn (subjektiv) wertlos war. Bei einer solchen Betrachtung hätte man seinen Erfüllungsschaden bei 25 EUR ansetzen können, so dass die Portokosten, die diesen Betrag nicht überschreiten, ersatzfähig gewesen wären. Dies erscheint mir jedoch falsch.

Es gilt im Schadensrecht nämlich grundsätzlich eine rein objektive Betrachtung: Objektiv hätte V aber kein Plus gemacht (der Schönfelder dürfte noch beinahe 32 EUR wert sein, jedenfalls mehr als 25 EUR). Er hat also durch das Ausbleiben der Erfüllung keinen Schaden, da er gar keinen Gewinn gemacht hätte. Sein Erfüllungsschaden ist Null, so dass Null auch die Obergrenze für den Vertrauensschäden darstellt. Somit ist ihm mE auch das Porto nicht zu erstatten.

Dies sieht auf den ersten Blick erstaunlich aus. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass V bei Vertragsdurchführung ein schlechtes Geschäft gemacht hätte: Unterwertverkauf + Portokosten Dieses ist ihm nun (wenn auch unfreiwillig) erspart geblieben. Er kann nun bei einem erneuten Verkaufsversuch wirtschaftlicher kalkulieren. Bedenken Sie vor allem folgendes: Das Schadensrecht hat keinen Strafcharakter, es soll nur erlittene Einbußen ausgleichen. Da bei der gebotenen objektiven Betrachtung V aber bei Vertragsdurchführung eine noch größere Einbuße erlitten hätte, ist ihm die durch die Anfechtung erlittene Einbuße nicht zu erstatten.

Klarstellung: Über § 122 kann nicht das positive Interesse verlangt werden. Dieses ist aber dennoch immer mitzuberechnen, um festzustellen in welcher Höhe das negative Interesse ersatzfähig ist.




IV. Ergebnis

Dem V ist durch die wirksame Anfechtung der Annahmeerklärung des K ein Schaden i.H.d. Portokosten für die Versendung des Schönfelders entstanden, welche dem vollen Umfang nach als Vertrauensschaden i. S. d. § 122 Abs. 1 BGB zu ersetzen sind. Der Anspruch des V gegen K auf Ersatz der Versendungskosten ist mithin aus § 122 BGB begründet.
(ME ist der Schaden zu verneinen, siehe oben)


1) Bei der Darstellung einer Meinung sollte stets darauf geachtet werden, dass unter deren Voraussetzungen auch subsumiert wird.




Lösungsskizze

Gutachten
A. Anspruch des V gegen K auf Bezahlung und Abnahme des Schönfelders aus Kaufvertrag, § 433 Abs. 2 BGB (Anspruchentstehung)
I. Vertragsschluss

1. Angebot des V
2. Annahme durch K
3. Annahmefrist nach § 147 Abs. 1 S. 1
4. Zwischenergebnis
II. Untergang des Anspruches nach § 142 Abs. 1 BGB

1. Anfechtungsgrund
2. Anfechtungserklärung
3. Anfechtungsgegner
4. Anfechtungsfrist
5. Teilergebnis
III. Ergebnis
B. Anspruch des V gegen K auf Ersatz der Portokosten gem. § 122 Abs. 1 BGB
I. Anfechtung gem. § 119 BGB
II. Kennen oder Kennen müssen, § 122 Abs. 2 BGB
III. Umfang des Schadensersatzes
IV. Ergebnis
Lösungsskizze



Quellennachweis: Uni-Trier

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/ZIV001/Becker/AG_Woche8_Fall_Loesungen.pdf



Das Gutachten

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Übungsaufgabe 4 – Das Gutachten

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