Grundlagen des Zivilrechts – Von der konstitutiven Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens (KBS)
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Von der konstitutiven Wirkung
des kaufmännischen Bestätigungsschreibens


Prof. Dr. iur. Peter Gauch
Universität Freiburg/Schweiz



Publiziert in: Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1991, S.177 ff. Die Seitenzahlen dieser Publikation sind im nachfolgenden Text in eckiger Klammer eingefügt.


I. Einleitung


1.[177] Das Bestätigungsschreiben im hier verstandenen Sinne besteht in einer schriftlichen Erklärung, worin der Erklärende (der Absender) dem Empfänger des Schreibens mitteilt, er habe mit ihm einen in der Mitteilung umschriebenen mündlichen Vertrag1 (z. B. auch per Telefon) abgeschlossen2.
a.Das Wort Bestätigungsschreiben bringt zum Ausdruck, dass die Bestätigung in schriftlicher Form erfolgt. Die Schriftform ermöglicht den Nachweis durch den Text. Dass aber die Form der einfachen Schriftlichkeit (Art. 13 ff. OR) eingehalten ist, gehört nicht zu den Begriffsmerkmalen des Bestätigungsschreibens3. Deshalb kann das Bestätigungsschreiben ohne weiteres auch durch eine Telex- oder Telefaxmeldung übermittelt werden, unbekümmert darum, ob solche Meldungen den Anforderungen der einfachen Schriftlichkeit genügen oder nicht.
b.Die Mitteilung, die das Bestätigungsschreiben enthält, stimmt meistens mit dem mündlich Besprochenen überein, indem sie nur wiederholt, was die Parteien mündlich vereinbart haben. Möglich ist aber auch, dass ein Vertrag „bestätigt“ wird, obwohl ein Vertragsabschluss (Art. 1 OR) gar nicht stattgefunden hat; oder dass der „bestätigte“ Inhalt des abgeschlossenen Vertrages von der getroffenen Vereinbarung abweicht, indem getroffene Abreden inhaltlich verändert, weggelassen oder durch Nichtvereinbartes (etwa in Form Allgemeiner Vertragsbedingungen) ergänzt werden4.
2.Sicher kann ein Bestätigungsschreiben die Funktion eines (deklaratorischen) Beweismittels erfüllen5. Darauf aber wird hier nicht eingetreten. Vielmehr geht es vorliegend einzig und allein um die Frage der konstitutiven Wirkung. Sie stellt sich dann, wenn im Einzelfall feststeht, dass ein Bestätigungsschreiben vom Besprochenen abweicht, weil der bestätigte Vertrag überhaupt nicht oder nicht mit dem bestätigten Inhalt abgeschlossen wurde. Alsdann fragt sich, ob der Vertrag trotz der Abweichung mit dem bestätigten Inhalt gilt (konstitutive Wirkung) oder nicht. Für den Normalfall ist die Frage zu verneinen, indem die unrichtige Bestätigung an der wirklichen Rechtslage [178] nichts zu ändern vermag. Zwischen den Vertragsparteien gilt das Vereinbarte, nicht das, was eine Partei im Nachhinein darüber schreibt!6
3.Für das kaufmännische Bestätigungsschreiben (Bestätigungsschreiben im kaufmännischen Verkehr) haben sich nun aber im In- und Ausland besondere Regeln herausgebildet7. So gilt auch in der Schweiz der Grundsatz, dass ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, dem nicht rechtzeitig widersprochen wird, rechtserzeugende Kraft mit konstitutiver Wirkung entfalten kann8, weshalb der Vertrag mit dem bestätigten Inhalt gilt. Diese Wirkung wird entweder auf Art. 6 OR abgestützt9, mit einer analogen Anwendung des Art. 6 OR begründet10 oder aus einer Vertrauenshaftung abgeleitet11. Die Vertrauenshaftung ist ein eigenständiges Rechtsinstitut, das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben sich entwickelt, seine Grundlage aber nicht in einem rechtsgeschäftlich erklärten Geschäftswillen hat12. Inhaltlich begründet sie eine Einstandspflicht desjenigen, der einen bestimmten Vertrauenstatbestand (Rechtsscheintatbestand) veranlasst, auf den ein anderer sich verlässt und verlassen darf13, so dass das Vertrauen des andern Schutz verdient. Der Vertrauensgedanke, der damit zum Tragen kommt, äußert sich in unterschiedlicher Gestalt auch im Vertrauensprinzip, das als Auslegungsregel für Erklärungen dient14, von der Vertrauenshaftung aber unterschieden werden muss15. Eine Haftung „kraft Rechtsgeschäft“ ist keine Vertrauenshaftung im hier verstandenen Sinne.

II. Ein neuerer Bundesgerichtsentscheid
(BGE 114 II 250 ff.)


1.Nachdem das Bundesgericht sich schon in älteren Entscheiden16 mit der konstitutiven Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens befasst hat, ist es in BGE 114 II 250 ff. erneut auf die Frage zurückgekommen. Im diesem neueren Entscheid hält jetzt das Bundesgericht (auf S. 252) fest, dass die rechtserzeugende Kraft des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sich „nur aus dem Grundsatz der Vertrauenshaftung ergeben kann, welcher sich der Empfänger aussetzt, wenn er schweigt, obwohl er an sich allen Anlass hätte, dem Schreiben zu widersprechen“17.
Nach dem erwähnten Grundsatz (so fährt das Bundesgericht fort) habe das Bestätigungsschreiben aber keine konstitutive Wirkung, wenn es vom Verhandlungsergebnis derart abweicht, dass nach Treu und Glauben nicht mehr mit dem Einverständnis des Empfängers gerechnet werden darf. Dies wiederum beurteile sich nach einem „objektiven Maßstab“, hänge folglich nicht von der „subjektiven Einstellung“ des Absenders ab, selbst wenn die schriftliche Bestätigung eines angeblichen Verhandlungsergebnisses, das vom tatsächlich erzielten erheblich abweicht, regelmäßig auch auf Unsorgfalt oder gar auf Unredlichkeit schließen lasse. Ob eine „bewusste Falschbestätigung“ vorliege, sei zudem eine Frage des Beweises, der für einen bestimmten Willen oder ähnliche innere Vorgänge meistens nur schwierig und nur über eine tatsächliche Vermutung erbracht werden könne. Wenn die rechtserzeugende Kraft eines streitigen Bestätigungsschreibens nach dem Vertrauensgrundsatz ermittelt und begrenzt werde, gehe es dagegen um eine Frage der Rechtsanwendung. Aus diesem Unterschied erhelle, dass die rechtliche Begrenzung vorzuziehen und aus Gründen der Rechtssicherheit auch sachlich gerechtfertigt sei.
2.Da der zitierte Entscheid des Bundesgerichts von eminent praktischer Bedeutung ist, vermag kaum zu verwundern, dass er auch von der Lehre zur Kenntnis [179] genommen wurde. So hat KRAMER den Entscheid in einer hervorragenden Rezension besprochen18, worin zum Ausdruck kommt, dass sich dieser Autor schon seit längerer Zeit mit dem Thema befasst19 und dementsprechend über ein beeindruckendes Wissen um die Dogmatik des Bestätigungsschreibens verfügt. Im Folgenden möchte ich meine eigene Ansicht darstellen, die im dogmatischen Ansatzpunkt, aber auch in gewissen Einzelfragen von der erwähnten Rezension abweicht.

III. Die Würdigung des Entscheides


Meines Erachtens verdient die Ansicht über das kaufmännische Bestätigungsschreiben, die das Bundesgericht in BGE 114 II 250 ff. vertritt, weitgehend Zustimmung20. Im einzelnen jedoch bedarf der Entscheid einer Klarstellung und Ergänzung. Folgende Punkte sind hervorzuheben:


1.Eine Vertrauenshaftung zulasten des schweigenden Empfängers (BGE 114 II 252) ist im Gesetz nicht vorgesehen und kann sich somit nur auf richterliche Rechtsfortbildung (Art. 1 Abs. 2 ZGB) stützen21. Folglich beruht sie auf Gerichtssatz, nicht auf Gesetz. Ihre sachliche Rechtfertigung liegt darin, dass ein ordentlicher Kaufmann nach eingelebtem Handelsbrauch zu widersprechen hat, wenn er das Bestätigungsschreiben nicht gelten lassen will22. Deshalb ist es „fair and commercially sound“23, ihn unter bestimmten Voraussetzungen bei seinem Schweigen zu behaften. Den Kaufleuten stehen andere Personen gleich, wenn sie geschäftsgewandt und mit den Gebräuchen des kaufmännischen Verkehrs vertraut sind24.
2.Die Vertrauenshaftung des Empfängers dient dem Schutz des Absenders. Geschützt wird das Vertrauen des Absenders darauf, dass der Vertrag nach Maßgabe des unwidersprochenen Bestätigungsschreibens gelte, soweit er nicht an einem Mangel leidet, der ihn ungültig25 (allenfalls einseitig unverbindlich26) macht. Damit ist aber noch nicht gesagt, auf welche Weise das Vertrauen des Absenders geschützt wird. In Frage kommen zwei Möglichkeiten:
a.Der starke (oder positive) Vertrauensschutz. Danach gilt der Vertrag gegenüber dem Empfänger mit dem bestätigten Inhalt27. Folglich ist dem Empfänger der Einwand abgeschnitten, der bestätigte Vertrag sei überhaupt nicht oder mit einem andern Inhalt als bestätigt abgeschlossen worden. In dieser Rechtslage äußert sich die konstitutive Wirkung des unwidersprochenen Bestätigungsschreibens. Die dem Vertrauensschutz entsprechende Haftung des Empfängers besteht in seiner Bindung an das vom Absender Bestätigte.
b.Der schwache (oder negative) Vertrauensschutz. Danach kann der Empfänger zwar einwenden, dass der bestätigte Vertrag überhaupt nicht oder mit einem andern Inhalt als bestätigt abgeschlossen wurde. Beruft er sich aber auf die „Unrichtigkeit“ des Bestätigungsschreibens, so wird er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der Absender im Vertrauen auf die bestätigungskonforme Geltung des Vertrages erlitten hat. Der Absender wird vermögensmäßig so gestellt, als hätte er die wahre Lage gekannt und deshalb nicht vertraut. Daraus folgt:
Der Anspruch des Absenders auf Schadensausgleich geht wie im Fall des Art. 26 Abs. 1 OR auf Ersatz des negativen Interesses. Doch setzt er kein Verschulden des Empfängers voraus. Den [180] Empfänger trifft keine Rechtspflicht, dem missliebigen Bestätigungsschreiben zu widersprechen28. Nur hat er, wenn er nicht widerspricht, den Vertrauensschaden des Absenders zu ersetzen (schwacher Vertrauensschutz), wenn er nicht gar die Vertragserfüllung schuldet (starker Vertrauensschutz).
3.Die herrschende Lehre und die Rechtsprechung (auch BGE 114 II 250 ff.) ziehen praktisch nur die erste Möglichkeit (starker Vertrauensschutz) in Betracht. Das aber ändert nichts daran, dass es auch die zweite Möglichkeit gibt. Ein auf Schadenersatz beschränkter Schutz steht der Idee der Vertrauenshaftung sogar näher29 und vermag in gewissen Fällen durchaus zu genügen, um unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessen die Belange des Absenders
ausreichend zu wahren. Doch ist beizufügen:
Wie die Anwendungsbereiche des starken und des schwachen Vertrauensschutzes voneinander abzugrenzen sind, lässt sich kaum in eine einfache Formel fassen, da es diesbezüglich auf die Umstände des konkreten Einzelfalles ankommt. Dem gesteigerten Bedürfnis des kaufmännischen Verkehrs nach Sicherheit dürfte es aber entsprechen, dass der starke Vertrauensschutz im Vordergrund steht30, der schwache Schutz also die Ausnahme bildet. Ausnahmsweise mag er sich vor allem dort rechtfertigen, wo mit der Abwicklung eines bestätigten Schuldvertrages noch nicht begonnen wurde. Dass Verträge, mit deren Erfüllung die Parteien noch nicht begonnen haben („executory contracts“), rechtlich anders zu behandeln sind, als ganz oder zum Teil erfüllte Schuldverträge (“ executed contracts“), ist ein allgemeiner Gedanke, der sich in der Vertragslehre immer mehr durchsetzt31.
4.Der umschriebene Vertrauensschutz des Absenders setzt ein Zweifaches voraus. Die erste Voraussetzung betrifft die Seite des Empfängers. Sie besteht darin, dass das kaufmännische Bestätigungsschreiben unwidersprochen blieb. Gemeint ist, dass der Empfänger des Schreibens es unterlassen hat, der ihm zugegangenen Bestätigung innerhalb angemessener Frist (BGE 114 II 252) zu widersprechen.
a.Die „angemessene“ Widerspruchsfrist beginnt mit dem Eintreffen des Bestätigungsschreibens zu laufen. Maßgeblich ist also der Zeitpunkt einer späteren Kenntnisnahme durch den Empfänger. Wie lange die Frist dauert, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Allgemein lässt sich lediglich sagen, dass der Widerspruch „ohne Verzug“ (Art. 5 Abs. 3 OR) zu erfolgen hat, woran im kaufmännischen Verkehr strenge Anforderungen zu stellen sind32. Im Sinne einer „Faustregel billigen.
b.Der Widerspruch muss „deutlich“ sein33. Verlangt ist eine unzweideutige (mündliche oder schriftliche) Erklärung, die Bestätigung sei in dieser oder jener Hinsicht unrichtig34, was aber nicht voraussetzt, dass sich der betreffende Erklärungsinhalt unmittelbar aus den verwendeten Worten ergibt. So kann der Widerspruch z. B. auch in der Weise erfolgen, dass der Empfänger das erhaltene Bestätigungsschreiben mit eigenen Korrekturen an den Absender zurückschickt oder diesem ein vom empfangenen Schreiben inhaltlich abweichendes (eigenes) Bestätigungsschreiben übersendet35.
c.Die unverzügliche und deutliche Widerspruchs-Erklärung des Empfängers hat sich an den Absender zu richten. Durch sie verhindert der Empfänger des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, dass er gegenüber dem Absender den Anschein erweckt, er sei mit dem Inhalt der empfangenen Bestätigung einverstanden. Damit fehlt es von vorneherein an der Grundlage für eine Vertrauenshaftung, aber immer nur in dem Umfang, als der Empfänger tatsächlich widersprochen hat. Ein nur teilweiser Widerspruch hindert nicht, dass die Vertrauenshaftung insoweit eingreift, als nicht widersprochen wurde.
5.Die zweite Voraussetzung betrifft die Seite des Absenders. Vorausgesetzt ist, dass der Absender (gestützt auf das Schweigen des Empfängers) auf die Geltung [181] des Vertrages mit dem bestätigten Inhalt vertraut hat und sein tatsächliches Vertrauen Schutz verdient. Fehlt es am schützenswerten Vertrauen des Absenders, so gibt es keinen Grund, der es ihm gestatten würde, sich auf das unwidersprochene Bestätigungsschreiben zu berufen. Folglich entfällt der Vertrauensschutz des Absenders und damit die Haftung des Empfängers z. B. in folgenden Fällen:
a.Soweit der Inhalt des Bestätigungsschreibens dem Absender gar nicht bewusst ist, weil er irrtümlich (z. B. infolge eines Schreibfehlers) etwas bestätigt hat, was er nicht bestätigen wollte. Soweit und solange der Absender den Inhalt seines Bestätigungsschreibens36 nicht kennt, ist ausgeschlossen, dass er auf die Geltung des Vertrages mit dem bestätigten Inhalt vertraut.
b.Wenn die Parteien über den bestätigten Vertrag überhaupt nicht verhandelt haben37 oder das Bestätigungsschreiben dem Empfänger nicht unmittelbar nach Abschluss der Verhandlungen zugesandt wurde38. Weder hier noch dort darf der Absender darauf vertrauen, dass das Schweigen des Empfängers Einverständnis bedeutet39 und der Vertrag dementsprechend gilt. Gleich verhält es sich: wenn der Absender eine ausdrückliche Gegenbestätigung verlangt hat40; soweit das Bestätigungsschreiben erstmals auf Allgemeine Geschäftsbedingungen verweist, die dem Empfänger unbekannt und dem Schreiben auch nicht beigefügt sind41; oder wenn sich aus gekreuzten Bestätigungsschreiben mit verschiedenem Inhalt ergibt, dass der Empfänger die Lage anders sieht42.
c.Wenn das „Bestätigungsschreiben vom Verhandlungsergebnis derart abweicht, dass nach Treu und Glauben nicht mehr mit dem Einverständnis des Empfängers gerechnet werden darf“ (BGE 114 II 252). Die Regel, wonach der Absender in diesem Fall (selbst wenn er gutgläubig war) keinen Schutz verdient, begründet eine objektive Einschränkung des Vertrauensschutzes. Sie entspricht einem eingelebten Gerichtssatz der deutschen Rechtsprechung43, der jetzt auch vom schweizerischen Bundesgericht (allerdings unter Verweis auf die einheimische Kommentarliteratur44) übernommen wurde. Im einzelnen bleibt beizufügen:
Die Regel ist im Ansatz richtig45, bedarf jedoch der Verdeutlichung, was den „objektiven Maßstab“ betrifft, nach dem sich die Einschränkung beurteilt. Von KRAMER wird (gestützt auf dogmatische Überlegungen) ein strenger Maßstab angelegt. Grundsätzlich beschränke sich der Vertrauensschutz auf solche Bestätigungsschreiben, welche die Position des Empfängers verbessern oder das mündlich Vereinbar durch präzisierende Ergänzungen ausgewogen konkretisieren46.
Gegen diese strenge Ansicht meldet sich der berechtigte (von KRAMER47 verworfene) Einwand, dass „Verkehrssicherheit“ und „Handelsübung“48 einen Vertrauensschutz verlangen, der auch echte Abweichungen umfassen kann49. Die vom Verhandlungsergebnis abweichenden Regeln dürfen für den betreffenden Vertrag aber nicht derart „ungewöhnlich“ sein, dass der Empfänger des Bestätigungsschreibens damit nicht zu rechnen braucht50. Außerdem ist die Grenze des Vertrauensschutzes erreicht, soweit das Bestätigungsschreiben Ergänzungen oder Abweichungen enthält, die zu einer „erheblichen Beeinträchtigung der [182] Empfängerinteressen“ führen51. Das trifft etwa dann zu, wenn eine nicht vereinbarte Gerichtsstands- oder Schiedsgerichtsklausel „bestätigt“ wird52 oder der „bestätigte“ Vertragsinhalt derart vom Vereinbarten abweicht, dass die Vertragsleistung des Absenders für den Empfänger unbrauchbar oder der Vertragszweck sonstwie gefährdet ist.
Vor allem aber vermag die unwidersprochene Bestätigung eines in Wirklichkeit nicht abgeschlossenen Vertrages grundsätzlich keinen Vertrauensschutz des Absenders zu begründen53. Das gilt (wie bereits gesagt wurde) namentlich auch dann, wenn die Parteien über den bestätigten Vertrag überhaupt nicht verhandelt haben. Wurde verhandelt, so sind Ausnahmen vom Grundsatz denkbar: etwa deshalb, weil zwischen den Parteien eine längere Geschäftsbeziehung vorbestanden hat oder das Zustandekommen des Vertrages an der mangelnden Einigung über einen nur subjektivwesentlichen Punkt54 gescheitert ist55.
d.Wenn der Absender den Vertrag in Täuschungsabsicht falsch bestätigt hat56. Da der Arglistige, der den Empfänger täuschen will, gewiss keinen Schutz verdient57, entfällt auch in diesem Fall die Vertrauenshaftung des Empfängers58. Insofern kommt es doch auf die „subjektive Einstellung“ des Absenders an, weshalb die gegenteilige Aussage des Bundesgerichts (BGE 114 II 252) zu weit geht. Doch ist zu merken:
Nicht jede Bestätigung, mit der ein Absender bewusst vom Verhandlungsergebnis abweicht oder mit deren Abweichung er rechnet, erfolgt in Täuschungsabsicht59. So entspricht es einer verbreiteten Übung des kaufmännischen Verkehrs, im Bestätigungsschreiben noch allfällige Ergänzungen60, ja sogar echte Abweichungen, anzubringen. Außerdem kommt es vor, dass der Absender, um Klarheit zu schaffen, auch solche Punkte bestätigt, über deren Vereinbarung er im Zweifel ist61. Solange es an einer Täuschungsabsicht fehlt, wird der Absender (wenn überhaupt) auch dann geschützt, wenn er nicht überzeugt ist, „in seinem Bestätigungsschreiben lediglich das“ wiederholt zu haben, „was tatsächlich bereits mündlich vereinbart war“62. Insofern kommt es also nicht auf den „guten Glauben“ des Absenders an63. Das aber bedeutet:
Unter Vorbehalt einer Täuschungsabsicht stimmt der Satz des Bundesgerichts, wonach das unwidersprochene Bestätigungsschreiben selbst bei „bewusster Falschbestätigung“ zu einer Vertrauenshaftung des schweigenden Empfängers führen kann.(BGE 114 II 252)64. Umso weniger rechtfertigt es sich, den [183] Vertrauensschutz des Absenders allein deswegen zu verneinen, weil die Falschbestätigung auf dessen Unsorgfalt beruht (BGE 114 II 252)65.
Der Grund für diese Rechtslage liegt in den Gebräuchen des Handelsverkehrs, nach Ansicht des Bundesgerichts auch darin, dass der Beweis für „innere Vorgänge meistens schwierig und nur über eine tatsächliche Vermutung erbracht werden kann“ (BGE 114 II 252). Die beweisrechtliche Begründung des Bundesgerichts vermag indes nicht zu überzeugen. Vielmehr muss zwischen der materiellen Rechtslage und der Beweislage unterschieden werden. Und außerdem stellt die Rechtsordnung in vielen Gebieten (z.B. auch bei der „absichtlichen Täuschung“ des Art. 28 OR) auf innere Sachverhalte ab, ohne dass sich hieraus unüberwindbare Beweisschwierigkeiten ergeben. Aus diesen Gründen ist die Frage des Beweises auch kein taugliches Argument, um dem arglistigen Absender (der in Täuschungsabsicht handelt) den Vertrauensschutz des materiellen Rechts zu gewähren.
6.Sind die erwähnten Voraussetzungen (Ziffer 4 und 5) erfüllt, so greift der Vertrauensschutz des Absenders ein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das fragliche Bestätigungsschreiben per Briefpost oder z.B. per Telegramm, Telefax oder Telex übermittelt wurde. Und gleichgültig ist auch, ob der Empfänger des Schreibens sich der rechtlichen Bedeutung seines Schweigens bewusst war oder nicht. Der Empfänger kann sich nicht auf Irrtum berufen, wenn und weil er nicht wusste, dass sein Schweigen ein Grund ist, das Vertrauen des Absenders in die bestätigungskonforme Geltung des Vertrages zu schützen66.
Eine Berufung auf Irrtum ist aber auch dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger nur deshalb geschwiegen hat, weil er das Bestätigungsschreiben inhaltlich missverstand oder aus einem andern Grunde davon ausging, die Bestätigung stimme mit dem Verhandlungsergebnis überein. In solchen Fällen67 kann es sich allerdings rechtfertigen, den Schutz des Absenders auf Schadensausgleich zu beschränken (schwacher Vertrauensschutz).
7.Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Absender (im kaufmännischen Verkehr) einen Vertrag bestätigt, den er mit einem vollmachtlosen Stellvertreter des Empfängers abgeschlossen hat. Schweigt hier der Empfänger, so wird das Vertrauen des Absenders in die Geltung des bestätigten Vertrages in der Weise geschützt, dass der Empfänger den Einwand der fehlenden Vertretungsmacht verliert68 (starker Vertrauensschutz) oder zumindest den Vertrauensschaden des Absenders zu ersetzen hat (schwacher Vertrauensschutz).
Die fehlende Vollmacht des Vertreters steht also dem Vertrauensschutz des Absenders nicht entgegen; wohl aber muss das Vertrauen des Absenders im übrigen schützenswert sein, woran es (unter anderem) fehlen dürfte, wenn der Vertreter mit dem Empfänger des Schreibens weder in einem Auftrags- noch in einem andern Vertrauensverhältnis gestanden hat

IV. Ablehnung der Konsenstheorie


1.Im Unterschied zur hier vertretenen Auffassung wendet sich die von KRAMER69 und andern Autoren vertretene Konsenstheorie gegen eine rechtliche Sonderbehandlung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Zwar anerkennt auch diese Theorie, dass ein unwidersprochenes Bestätigungsschreiben konstitutive Wirkung haben kann. Doch möchte sie die konstitutive Wirkung nur aus einem Vertragskonsens70 der Parteien (nicht aus einer Vertrauenshaftung des Empfängers) herleiten, indem sie das „abweichende“ Bestätigungsschreiben gegebenenfalls als Offerte und das Schweigen des Empfängers als Annahme begreift71. Damit wird das kaufmännische [184] Bestätigungsschreiben in die Schranken der traditionellen Vertragslehre zurückverwiesen und auf die gleiche Stufe wie das nicht-kaufmännische Bestätigungsschreiben gestellt.
2.Die Konsenstheorie hat auch in Deutschland ihre Anhänger gefunden, ist dort aber eine Minderheitsmeinung geblieben, die sich vor allem in der Rechtsprechung des Deutschen Bundesgerichtshofes nicht durchzusetzen vermochte72. Was die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichtes angeht, so ist KRAMER73 der Ansicht, dass die Konsenstheorie durch BGE 114 II 250 ff. bestätigt und damit höchstrichterlich anerkannt wurde. Ich selber vermag diese Ansicht nicht zu teilen. Denn:
Erstens vertritt das Bundesgericht in BGE 114 II 252 ausdrücklich den Standpunkt, dass die rechtserzeugende Kraft des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sich „aus dem Grundsatz der Vertrauenshaftung“ ergebe. Zweitens ist nicht anzunehmen, dass das Bundesgericht den Ausdruck Vertrauenshaftung unüberlegt gebraucht oder dessen Sinnbedeutung74 verkannt hat, obwohl es in der Abfolge des Entscheides zum Ausdruck „Vertrauensgrundsatz“ überwechselt, der in der schweizerischen Rechtssprache auch als Synonym für die Auslegungsregel des „Vertrauensprinzips“ verwendet wird. Drittens ist die objektive Einschränkung des Vertrauensschutzes, für die das Bundesgericht sich in BGE 114 II 252 ausspricht, auch außerhalb der Konsenstheorie begründet. Viertens enthält der Entscheid des Bundesgerichts keine explizite Aussage, wonach die konstitutive Wirkung des Bestätigungsschreibens sich nur aus übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien (Offerte und Annahme) herleiten lasse. Im Gegenteil:. Das Bundesgericht prüft (fünftens) die Frage der konstitutiven Wirkung, obwohl und nachdem es (auf S. 251 des Entscheides) dem konkreten Bestätigungsschreiben die Bedeutung einer Offerte gerade abgesprochen hat75, weshalb Art. 6 OR (der eine Offerte voraussetzt) nicht unmittelbar zur Anwendung komme.
3.Dass das Bundesgericht sich auch in BGE 114 II 250 ff. nicht auf die Konsenstheorie festgelegt hat, ist nach meiner Meinung zu begrüßen. Denn die Einbindung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in die allgemeine Lehre vom Konsens führt zu Ergebnissen, die im kaufmännischen Verkehr nicht zu befriedigen vermögen. Nur auf drei Punkte möchte ich hinweisen:
a.Zunächst versagt die Konsenstheorie in allen Fällen, in denen der Empfänger das kaufmännische Bestätigungsschreiben in Übereinstimmung mit dem Absender als Ausdruck eines „reinen Bestätigungswillens“ versteht oder das empfangene Schreiben nach Treu und Glauben so verstehen darf und muss (Vertrauensprinzip)76. Alsdann hat das richtig ausgelegte Bestätigungsschreiben den Sinn einer schlichten Vorstellungsäußerung, worin der Absender lediglich festhalten will, was nach seiner Ansicht tatsächlich vereinbart wurde.
In solchen Fällen enthält das Bestätigungsschreiben (trotz seiner Abweichung vom Vereinbarten) keine Offerte. Denn die bloße Absicht des Absenders, bereits Vereinbartes schriftlich zu fixieren (der „reine Bestätigungswille“), richtet sich gerade nicht auf den Abschluss eines neuen oder veränderten Vertrages77. Wo es aber schon an einer [185] Offerte fehlt, kann es auch keine Annahme der Offerte durch Schweigen geben78.
b.Sodann muss dem Empfänger des Bestätigungsschreibens, wenn die konstitutive Wirkung aus dem Konsens der Parteien hergeleitet wird, notwendigerweise auch eine Berufung auf Erklärungsirrtum (Art. 23 f. OR) gestattet sein, falls ihm unbewusst war, dass er durch sein Schweigen die Annahme einer Offerte erklärt, und der Irrtum wesentlich ist79. Trotz Anrufung des Irrtums bliebe der Empfänger zwar immer noch zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet, nach Art. 26 OR aber nur unter der Voraussetzung, dass er „seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben“ hat.
Diese Konsequenz ist unvereinbar mit dem „bei Handelsgeschäften besonders gesteigerten Vertrauens- bzw. Verkehrsschutzbedürfnis“, das auch KRAMER ausdrücklich anerkennt80. KRAMER möchte deshalb die Irrtumsanfechtung nur für bestimmte Irrtumsfälle zulassen, für andere nicht81. Damit aber gerät er mit der eigenen Theorie in Widerspruch, indem „die rechtliche Behandlung des Bestätigungsschreibens“, was den Erklärungsirrtum betrifft, „doch von der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre“ abweicht82.
c.Schließlich bewirkt die Konsenstheorie eine für den kaufmännischen Verkehr übermäßige Einschränkung des Vertrauensschutzes, wenn man der Ansicht von KRAMER folgt, wonach der im Konsens begründete Vertrauensschutz des Absenders sich grundsätzlich auf solche Bestätigungsschreiben beschränkt, welche die Position des Empfängers verbessern oder das mündlich Vereinbarte durch präzisierende Ergänzungen ausgewogen konkretisieren83. Andern Bestätigungsschreiben soll es (wie KRAMER sagt) an der „Konsensfähigkeit“ fehlen.
Auf diesen Grundsatz, den KRAMER aus dem Erfordernis des Konsenses ableitet, wurde bereits hingewiesen84. Nachzutragen bleibt nun aber, dass es schon auf dem Boden der Konsenstheorie gute Gründe gäbe, die von KRAMER vertretene Ansicht zu hinterfragen. Denn: Vom Inhalt der vertraglichen Einigung her gesehen, gibt es keine vorgegebene („immanente“) Schranke, die einen „tatsächlichen“ oder „normativen“ Konsens85 der Parteien ausschließt. Vielmehr können die Parteien sich auf irgendeinen Inhalt vertraglich einigen. Deshalb liegt es meines Erachtens (und entgegen KRAMER86) keineswegs „auf der Hand“, dass es dem Bestätigungsschreiben von vorneherein (!) an der „Konsensfähigkeit“ fehlt, falls der Bestätigende das Verhandlungsergebnis „zuungunsten des Empfängers einseitig abändert“. Das gilt auch dann, wenn ein „normativer“ Konsens in Frage steht und das Schweigen des Empfängers nach Vertrauensprinzip ausgelegt wird, da es ja diesbezüglich immer auf alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles ankommt.
4.Mit der Ablehnung der Konsenstheorie trete ich dafür ein, dass der Richter87 die dem besonderen Sachverhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens adäquaten Rechtssätze entwickeln muss, ohne an die Schranken einer auf den Konsens fixierten Vertragslehre gebunden zu sein. Dies entspricht der wachsenden Erkenntnis, dass es Aufgabe des Vertragsrechts ist, entstandene Streitfragen unter Einbezug der gesamten Vertragswirklichkeit (unter Anwendung einer „ganzheitlichen Methode“) zu lösen88.
a.Zur Vertragswirklichkeit gehört auch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das dem angeblichen oder wirklichen Vertragsabschluss nachfolgt und unwidersprochen . Das unwidersprochene Bestätigungsschreiben ist eine Realität, die der Richter unter Einschluss der im Handelsverkehr üblichen Gewohnheiten und Gebräuche zu berücksichtigen hat, wenn er die zwischen den [186] Parteien bestehende Rechtslage sachgerecht bestimmen soll.
b.Dementsprechend fließen die einschlägigen Rechtssätze nicht unmittelbar aus dem Handelsbrauch, sondern werden durch den „Richter als Gesetzgeber“ (Art. 1 Abs. 2 ZGB) geschaffen. Dem Richter obliegt es, in Zusammenarbeit mit der Rechtswissenschaft (Art. 1 Abs. 3 ZGB) die sachlich gebotenen Lösungen zu finden89, wobei er sich richtigerweise an der Idee der Vertrauenshaftung orientiert, die ein selbständiges Zurechungsprinzip unserer Rechtsordnung bildet90.
Dass der Richter sich derart von den Vorgaben der vertraglichen Konsenslehre trennt, reicht nicht aus, um den von ihm geschaffenen Regeln die „innere Begründung“ abzusprechen91. Denn erstens hält sich dieses Vorgehen durchaus im Rahmen des Vertragsrechts, dessen Zweck sich nicht darauf beschränkt, das Vereinbarte durchzusetzen. Und zweitens beurteilt sich die sachliche Richtigkeit einer Regel nach ihrem Inhalt, nicht nach ihrer Herleitung aus einer bestimmten dogmatischen Prämisse.
Dazu kommt, dass die Vertragslehre den Konsensbezug auch in anderem Zusammenhang (etwa bei der „culpa in contrahendo“92, bei den vertraglichen „Schutzpflichten“93 und bei der „vertraglichen Drittschutzwirkung“94) durchbricht95, was nicht auf grundsätzlichen Widerstand der herrschenden Meinung stößt. Auf diesem Hintergrund ist nur schwer zu verstehen, warum das kaufmännische Bestätigungsschreiben in das „Korsett“ der Konsenslehre zurückgebunden werden soll, aus dem es sich schon vor Jahrzehnten befreit hat. Ja man kann überspitzt sich sogar fragen, ob nicht gerade dadurch eine „Sonderdogmatik des kaufmännischen Bestätigungsschreibens“96 begründet wurde.
c.Als Realität verstanden, ist das unwidersprochene Bestätigungsschreiben gewiss kein „Mythos“, noch hat die dargestellte Betrachtungsweise etwas „Mystisches“ („Rätselhaftes“ oder „Geheimnisvolles“) an sich. Darauf ist deshalb hinzuweisen, weil die Konsenstheorie dazu neigt, andere Auffassungen als „Mythos des kaufmännischen Bestätigungsschreibens“ zu apostrophieren97, das einer „Entschleierung“ bedürfe98. Damit greift man zu einer Redeweise, die in der Rechtswissenschaft nicht unbekannt ist.
So wird auch der heutige Begriff des Konsenses, der den „tatsächlichen“ und den „normativen“ Konsens umfasst99, als „Mystifikation“ bezeichnet100. Dementsprechend wäre die Konsenstheorie ihrerseits dem Vorwurf ausgesetzt, die eigene Lehre auf einem „Mythos“ aufzubauen, weshalb sie der „Entschleierung“ bedürfe. Beim jetzigen Stand der Vertragslehre ist dies jedoch kein Argument, das man der Konsenstheorie ernsthaft entgegenhalten kann, so wenig, wie sich die hier vorgetragene Auffassung einfach in Bereich des „Mystischen“ verweisen lässt. Beizufügen bleibt aber immerhin das Folgende:
d.Nachdem es zum festen Bestand der Vertragslehre gehört, dass der „normative“ Konsens (gestützt auf das Vertrauensprinzip) Vertragswirkungen auch ohne (oder sogar gegen) den Willen einer Partei begründen kann, bildet der Grundsatz der Privatautonomie kein prinzipielles Hindernis, das der hier vertretenen Auffassung entgegensteht. Denn dieser Grundsatz, wonach die vertragliche Regelung auf dem (autonomen) Willen der Parteien beruht101, wird schon durch die vertragserzeugende Wirkung des „normativen“ Konsenses durchbrochen102. Deshalb wäre es widersprüchlich, [187] wenn die Vertreter der Konsenstheorie sich auf den Grundsatz der Privatautonomie beriefen, um andere „Theorien“ abzulehnen103. Aber auch der mögliche Einwand, dass eine „Zweispurigkeit der Begründung von Vertragswirkungen“ zu vermeiden sei104, vermag nicht durchzuschlagen. Wer nämlich eine „Zweispurigkeit“ vermeiden möchte, der müsste konsequent auch die Wirkungen eines „normativen“ Konsenses verneinen, um „einspurig“ die Vertragswirkungen allein aus dem „tatsächlichen“ Konsens105 herzuleiten.
5.Indem ich die Konsenstheorie verwerfe, wende ich mich zugleich gegen einen übertriebene „Konsensualismus“, der zur Rettung eines „klassischen“ Vertragsverständnisses gezwungen ist, auch solche Vorgänge als rechtsgeschäftliche Einigung zu interpretieren, die es in Wirklichkeit nicht sind, Der dogmatische Zwang, „alles“ aus dem Konsens der Parteien abzuleiten, führt dazu, dass der Konsensbegriff in der praktischen Handhabung ausgehöhlt wird und zu einer bloßen Legitimationsformel verkommt. Das gilt auch mit Bezug auf das kaufmännische Bestätigungsschreiben.
Zwar bestreite ich nicht, dass das kaufmännische Bestätigungsschreiben (im Umfang der Abweichungen) die Bedeutung einer Offerte und das Schweigen des Empfängers den Sinn einer Annahmeerklärung (Art. 6 OR) haben können. Darauf aber, ob es sich im Einzelfall so verhält, kommt es für die auf Richterrecht beruhende Konstitutivwirkung eines unwidersprochenen Bestätigungsschreibens nicht an106. Von rechtlicher Relevanz ist eine vertragliche Einigung über den Inhalt eines abweichenden Bestätigungsschreibens nur (aber immerhin) deshalb, weil sie dem bestätigten Vertrag auch dann Geltung nach Maßgabe des Bestätigungsschreibens verschaffen kann, wenn es an den Voraussetzungen der erwähnten Konstitutivwirkung fehlt, weil z. B. ein nicht-kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorliegt, der Bestätigung keine Vertragsverhandlungen vorausgegangen sind oder die vorausgegangenen Verhandlungen zu keinem Vertragsabschluss geführt haben.

V. Schluss


1.In meinem Beitrag zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben ging es vor allem um das „Grundsätzliche“. Zahlreiche Einzelfragen wurden dagegen vernachlässigt107. Insbesondere war ausschließlich von der Vertrauenshaftung des schweigenden Empfängers die Rede. Selbstverständlich stellt sich aber auch die umgekehrte Frage, inwieweit das unrichtige Bestätigungsschreiben eine Vertrauenshaftung zu Lasten des Absenders begründet. Für den Praktiker scheint diese Frage von geringerer Bedeutung zu sein, da sie im Rechtsalltag offenbar zu weniger Streitigkeiten Anlass gibt.
Ohne auf die Details einzutreten, sei hier nur so viel bemerkt, dass die Vertrauenshaftung des Absenders und jene des Empfängers einer getrennten Prüfung bedürfen. So müsste der Absender, der in Täuschungsabsicht handelt, sich gewiss bei seiner Falschbestätigung behaften lassen, falls der Empfänger es so wollte108, während er (umgekehrt) keinen Vertrauensschutz genießt, wenn der Empfänger das Bestätigungsschreiben unwidersprochen lässt 109. Beruft sich aber eine Partei auf die Geltung des Vertrages s mit dem [188] bestätigten Inhalt, so ist selbstverständlich, dass sie sich ihrerseits den Regeln des bestätigten Inhaltes zu unterziehen hat, und zwar auch insoweit, als diese Regeln für sie ungünstig sind110.
2.Das kaufmännische Bestätigungsschreiben, das Gegenstand meiner Abhandlung war, gehört zu den ältesten Erscheinungen des Handelsverkehrs111. Die Fülle rechtstheoretischer Überlegungen, die eine derart praktische Angelegenheit auch heute noch auszulösen vermag, und der kontroverse Charakter der theoretischen Diskussion mögen deshalb überraschen. Fast wird man an das das spöttische Wort von Jhering erinnert, wonach „die Theoretiker“ glauben, „dass die Praxis zu wenig theoretisch, die Praktiker, dass die Theorie zu wenig praktisch sei“112.
Wie aber liegen die Dinge wirklich? Es geht, wie mir scheint, einfach darum, dass eine lebendige Rechtswissenschaft sich immer wieder aufs neue bemühen muss, den Lebenssachverhalten gerecht zu werden. Dass sie hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, ist durchaus verständlich. Denn auch in der Rechtswissenschaft hängen die Anschauungen der Beteiligten „aufs engste mit der Struktur ihres Geistes zusammen – mit ihren Begriffen, Gedanken und Wertvorstellungen“113. Folglich bleiben die wissenschaftlichen Resultate der einzelnen immer beeinflusst durch die jeweils eigene Geisteshaltung. Wie stark dies zutrifft, zeigt im vorliegenden Zusammenhang, dass allein schon die „Auslegung“ eines Bundesgerichtsentscheides zu kontroversen Antworten führt. Kann sich die Konsenstheorie auf BGE 114 II 250 ff. abstützen oder nicht?114 Man darf gespannt sein, wie das Bundesgericht sich selber interpretieren wird.

Korr.. sf 15.6.2007


1 Gegenstand eines Bestätigungsschreibens kann auch eine einseitige Erklärung (etwa eine Kündigungserklärung) sein, womit sich aber der vorliegende Beitrag nicht befasst.
2 Das so verstandene Bestätigungsschreiben ist zu unterscheiden von der sogenannten „Auftragsbestätigung“, womit der Adressat einer Offerte den Antrag annimmt. In der Praxis wird die Bestätigung eines mündlich abgeschlossenen Vertrages jedoch häufig auch als „Auftragsbestätigung“ bezeichnet.
3 Vgl. auch SCHMIDLIN, N 82 zu Art. 6 OR.
4 KRAMER, Schweigen auf kaufmännische Bestätigungsschreiben und rechtsgeschäftlicher Vertrauensgrundsatz, recht 1990, S. 101.
5 Statt vieler: KRAMER, recht 1990, S. 106; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil (OR AT), 2. Aufl., Zürich 1988, S. 142; MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, Freiburg 1988, Nr. 227; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 83 ff. zu Art. 6 OR; SCHMIDLIN, N 84 ff. zu Art. 6 OR.
6 In Anlehnung an ein Zitat von KRAMER, MünchKomm, N 21 zu § 151 BGB.
7 Vgl. EBENROTH, Das kaufmännische Bestätigungsschreiben im internationalen Handelsverkehr, Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft, 77, 1978, S. 161 ff.; für Deutschland vgl. z.B. FLUME, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl., Berlin 1979, S. 662.
8 BGE 114 II 251.
9 Z.B. KRAMER, recht 1990, S. 104.
10 Z.B. BGE 100 II 22; MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, Nr. 228; KELLER/SCHÖBI, Das Schweizerische Schuldrecht, Band I, Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, 3. Aufl., Basel 1988, S. 34.
11 BGE 114 II 252 (dazu unten IV / Ziff. 2); vgl. auch CANARIS, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, München 1971, S. 206 ff.; EBENROTH, a.a.O., S. 193 f.
12 KRAMER, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, Kommentar vor Art. 1 OR, N 150.
13 KRAMER, a.a.O.; grundlegend zur Vertrauenshaftung: CANARIS, a.a.O., passim.
14 GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, 4. Aufl., Zürich 1987, Nr. 187 ff.
15 Vgl. KRAMER, zit. in Anm. 12.
16 Vgl. BGE 100 II 22 mit weiteren Verweisen.
17 Auszeichnung durch den Verfasser.
18 Vgl. KRAMER, Schweigen auf kaufmännische Bestätigungsschreiben und rechtsgeschäftlicher Vertrauens19 R auf seine einschlägige Kommentierung im Münchener Kommentar zum Grundsatz, recht 1990, S. 99 ff. 19 Insbesondere stützt sich KRAME BGB, Bd. I, 2. Aufl., 1984, N 11 – 45 zu § 151 BGB, die das Problem des kaufmännischen Bestätigungsschreibens umfassend darstellt und deshalb auch im vorliegenden Beitrag immer wieder aufgegriffen wird. Im übrigen vgl. bereits KRAMER, Grundfragen der vertraglichen Einigung, München/Salzburg 1972, S. 56 f.
20 Kritischer noch GAUCH, Baurecht 1989, S. 91 f., Anm. zu Nr. 109.
21 Dass die Vertrauenshaftung des schweigenden Empfängers gewohnheitsrechtlich fundiert wäre, ist jedenfalls für die Schweiz nicht anzunehmen.
22 Vgl. z.B. SCHMIDLIN, N 90 zu Art. 6 OR; EBENROTH, a.a.O., S. 190; FLUME, a.a.O., S. 665; und schon VON TUHR, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts II/1, München/Leipzig 1914, S. 421 f.
23 UNIFORM COMMERCIAL CODE, Official Text, N 6 zu § 2 – 207.
24 SCHMIDLIN, N 113 zu Art. 6 OR; vgl. auch KELLER/SCHÖBI, a. a. O., S. 34
25 Art. 11 und 20 OR.
26 Art. 21 und 23 ff. OR
27 Welcher Vertragsinhalt bestätigt wurde, beurteilt sich nach dem Inhalt des Bestätigungsschreibens. Und dieser wiederum bestimmt sich durch Auslegung nach dem Vertrauensprinzip, soweit der Empfänger das Bestätigungsschreiben anders verstanden hat als der Absender.
28 FLUME, a.a.O., S. 665. Anders SCHMIDLIN, N 90 zu Art. 6 OR; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 97 7 zu Art. 6 OR.
29 Vgl. KRAMER, zit. in Anm. 12; FLUME, a.a.O., S. 133 a. E
30 Vgl. LARENZ, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., München 1989, S. 649.
31 Vgl. in anderem Zusammenhang: GAUCH, recht 1991, S. 49 f.
32 KRAMER, MünchKomm, N 41 zu § 151 BGB.
33 SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 104 zu Art. 6 OR; vgl. BGE 40 II 138 f.
34 SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 104 zu Art. 6 OR; SCHMIDLIN, N 115 f. zu Art. 6 OR.
35 SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 104 zu Art. 6 OR; KRAMER, MünchKomm, N 41 zu § 151 BGB.
36 Vgl. Anm. 27.
37 SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 95 zu Art. 6 OR; FLUME, a.a.O., S. 663.
38 SCHMIDLIN, N 114 zu Art. 6 OR; KRAMER, MünchKomm, N 34 zu § 151 BGB.
39 VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zürich 1964, S. 136 f.
40 SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 101 zu Art. 6 OR; KRAMER, MünchKomm, N 32 zu § 151 BGB.
41 Anders: KRAMER, MünchKomm, N 31 zu § 151 BGB.
42 SCHMIDLIN, N 107 zu Art. 6 OR; CANARIS, a.a.O., S. 208 f.; KRAMER, MünchKomm, N 33 zu § 151 BGB.
43 BGHZ 7, S. 190; 40, S. 44 und 61, S. 286; vgl. auch CANARIS, a.a.O., S. 208, und KRAMER, MünchKomm, N 35 zu § 151 BGB.
44 SCHMIDLIN, N 100 ff. zu Art. 6 OR.
45 Anders noch GAUCH, Baurecht 1989, S. 91 f., Anm. zu Nr. 109.
46 KRAMER, recht 1990, S. 105 f.; ähnlich schon BYDLINSKI, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, Wien und New York 1967, S. 203 ff.
47 KRAMER, recht 1990, S. 106.
48 BGE 71 II 224.
49 Überzeugend: CANARIS, a.a.O., S. 207, Anm. 50a
50 Vgl. EBENROTH, a.a.O., S. 195. Diesbezüglich kann sinngemäß auf die „Ungewöhnlichkeitsregel“ verwiesen werden., die als Geltungsschranke für Allgemeine Vertragsbedingungen dient.
51 SCHMIDLIN, N 110 zu Art. 6 OR, mit Verweis. Vorbehalten bleibt eine anderslautende Übung.
52 SCHMIDLIN, N 111 zu Art. 6 OR.
53 Vgl. BGE 114 II 252 f.; KRAMER, recht 1990, S. 105, und MünchKomm, N 38 zu § 151 BGB. Anders noch die frühere Rechtsprechung (vgl. BGE 71 II 223 f.), die aber bereits in BGE 100 II 22 f. angezweifelt wurde.
54 Über die wesentlichen Vertragspunkte vgl. GAUCH, recht 1991, S. 45 ff
55 Anders wohl SCHMIDLIN, N 103 zu Art. 6 OR.
56 BGE 71 II 224; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 95 zu Art. 6 OR.
57 MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, Nr. 240; BGE 71 II 224.
58 Anders offenbar KRAMER, recht 1990, S. 103, und MünchK KRAMER die Auffassung, dass sich eine konstitutive Wirkung des Bestätigungsschreibens immer nur aus dem nach Vertrauensprinzip ermittelten Konsens der Parteien herleiten lässt (recht 1990, S. 103 ff.). Aber auch damit wäre unvereinbar, dass der arglistige Absender des Bestätigungsschreibens Schutz verdient. Will nämlich der Absender den Empfänger durch eine Falschbestätigung täuschen, so darf er (als redlich und korrekt Urteilender) das Schweigen des Empfängers nicht als Zustimmungserklärung verstehen. Zuzugeben ist allerdings, dass es an einer solchen Täuschungsabsicht in aller Regel fehlt, wenn man die strenge Ansicht von KRAMER über die objektive Beschränkung des Vertrauensschutzes (oben bei Anm. 46) teilt.
59 Unrichtig BGE 71 II 224, worin das Bundesgericht apodiktisch konstatiert: „Bestätigt der Absender bewusst etwas von der mündlichen Vereinbarung Abweichendes oder stellt er bewusst eine Vereinbarung fest, die in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hat, so hat man es mit der arglistigen Erschleichung eines Vertragsschlusses zu tun, die keinen Schutz verdient“
60 Vgl. SCHMIDLIN, N 108 zu Art. 6 OR; BUCHER, OR AT, S. 142, Anm. 98. Solche Ergänzungen sind vielfach in Allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten.
61 CANARIS, a.a.O., S. 207, Anm. 50a
62 Anders noch BGE 71 II 224, worin das Bundesgericht allerdings s von der falschen Prämisse ausging, dass jede bewusste Falschbestätigung „arglistig“ sei (vgl. Anm. 59).
63 Vgl. demgegenüber SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 102 zu Art. 6 OR; ; KELLER/SCHÖBI, a.a.O, S. 34
64 Vgl. demgegenüber z.B. EBENROTH, a.a.O., S. 195.
65 Anders wohl SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 95 und 102 zu Art. 6 OR.
66 Statt vieler: CANARIS, a.a.O., S. 210 f.; LARENZ, a.a.O., S. 649.
67 Vgl. dazu auch KRAMER, MünchKomm, N 51 zu § 119 BGB.
68 CANARIS, a.a.O. S. 212; vgl. BGE 32 II 284 ff.; SCHMIDLIN, N 106 zu Art. 6 OR; ablehnend: KRAMER, MünchKomm, N 38 zu § 151 BGB.
69 KRAMER, recht 1990, S. 101 und 103 ff.
70 „Konsens“ bezeichnet den Zustand, wonach die Parteien übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben. Er ist ein „tatsächlicher“ („natürlicher“) Konsens, soweit die erklärten wirklichen Willen übereinstimmen; ein „normativer“ („rechtlicher“) Konsens ist er, soweit die nach Vertrauensprinzip ausgelegten Willenserklärungen sich decken (KRAMER, N 121 ff. zu Art. 1 OR; GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Nr. 285 ff.).
71 KRAMER, recht 1990, S. 101 und 103; derselbe, Grundfragen der vertraglichen Einigung, München/Salzburg 1972, S. 56 f.; BUCHER, OR AT, S. 142; vgl. auch BGE 71 II 224. Unklar: SCHMIDLIN, N 99 ff. zu Art. 6 OR. Eine Art Zwischenlösung vertritt MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, Nr. 228 und 241, der (entgegen KRAMER, recht 1990, S. 103, Anm. 23) nicht für die Konsenstheorie in Anspruch genommen werden kann. Nach der Formulierung von MERZ ist „die Bindungswirkung des Schweigens auf ein Bestätigungsschreiben – wie diejenige des stillschweigenden Akzepts – rechtsgeschäftlicher Natur“ (Nr. 241). Dementsprechend stellt das Schweigen des Empfängers zwar ein Rechtsgeschäft dar, aber eben doch kein Akzept, weshalb MERZ eine unmittelbare Anwendung des Art. 6 OR ablehnt (Nr. 228). Das letztere ist konsequent. Im übrigen aber führt die von MERZ vorgeschlagene Lösung zur unbeantworteten Frage, um was für ein Rechtsgeschäft es sich bei der stillschweigenden Erklärung des Empfängers handelt, wenn es den schweigenden Empfänger zwar wie ein Akzept bindet, aber kein Akzept ist.
72 So: KRAMER, recht 1990, S. 103, Anm. 23 a. E. In Österreich allerdings scheint die Konsenstheorie sich unter dem Einfluss von BYDLINSKY durchzusetzen (KRAMER, a.a.O.; vgl. STRAUBE/KRAMER, Kommentar
zum Handelsgesetzbuch, Wien 1987, N 44 ff. zu § 346; beachte aber die fundierte Kritik bei EBENROTH, a.a.O., S. 197 ff.).
73 KRAMER, recht 1990, S. 100 und 103.
74 Vgl. dazu oben I/Ziff. 3.
75 Ob zu Recht oder Unrecht (weil ohne Berücksichtigung des Vertrauensprinzips), kann hier dahingestellt bleiben.
76 Dass ein abweichendes Bestätigungsschreiben, wenn es nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt wird, „ganz regelmäßig die Bedeutung einer Offerte“ hat (so: KRAMER, recht 1990, S. 104), ist eine unbewiesene Behauptung. Außerdem kommt das Vertrauensprinzip nur dann zur Anwendung, wenn die Parteien sich nicht tatsächlich richtig verstanden haben (GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Nr. 196).
77 BGE 100 II 22. Die Ansicht, wonach jede Bestätigung „immer zugleich eine neue Vertragserklärung“ darstelle (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 86 zu Art. 6 OR), ist eine Fiktion und als solche abzulehnen.
78 Vgl. auch BGE 114 II 251.
79 Vgl. PIOTET, La formation du contrat, Bern 1956, S. 88, und sinngemäß KRAMER, N 22 zu Art. 1 OR.
80 KRAMER, MünchKomm, N 24 zu § 151 BGB.
81 KRAMER, MünchKomm, N 24 zu § 151 BGB. Vgl. auch MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, Nr. 243, der (unter Bezugnahme auf SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 102/3 zu Art. 6 OR) eine „Irrtumsanfechtung“ nur „in
engen Grenzen“ zulassen will.
82 KRAMER, MünchKomm, N 24 zu § 151 BGB.
83 KRAMER, recht 1990, S. 104 f, und MünchKomm, N 22 zu § 151 BGB.
84 Vgl. oben III/Ziff. 5/lit. c.
85 Zum „tatsächlichen“ und „normativen“ Konsens vgl. Anm.70.
86 KRAMER, recht 1990, S. 104.
87 Gemeint sind die urteilenden Gerichte, die natürlich auch Richterinnen umfassen.
88 Vgl. schon in anderem Zusammenhang: GAUCH, recht 1991, S. 49.
89 Ähnlich: FLUME, a.a.O., S. 665 f., der sich allerdings auf eine Analyse des Istzustandes beschränkt, was KRAMER, MünchKomm, N 16 zu § 151 BGB, zutreffend bemerkt.
90 EBENROTH, a.a.O., S. 194
91 Vgl. demgegenüber KRAMER, MünchKomm, N 14 ff. zu § 151 BGB. Wenn ich ihn richtig lese, möchte er die „innere Begründung“ allen Regeln über das unwidersprochene Bestätigungsschreiben absprechen, die sich nicht an der Konsenstheorie orientieren.
92 KRAMER, zit. in Anm. 12, N 133 ff.
93 KRAMER, zit. in Anm. 12, N 142 ff.
94 KRAMER, zit. in Anm. 12, N 144 ff.
95 Vgl. HÖNN, Entwicklungslinien des Vertragsrechts, JuS 1990, S. 959 f.
96 KRAMER, recht 1990, S. 100.
97 Vgl. z.B. KRAMER, recht 1990, S. 100, wonach BYDLINSKI, die „Sonderdogmatik“ des kaufmännischen Bestätigungsschreibens treffend „als Mythos des kaufmännischen Bestätigungsschreibens “ apostrophiere.
98 Vgl. KRAMER, MünchchKomm, N 16 zu § 151 BGB.
99 Vgl. Anm. 70.
100 BUCHER, Für mehr Aktionendenken, AcP 186, 1986, S. 21.
101 Vgl. KRAMER, N 122 zu Art. 1 OR; GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Nr. 291a.
102 Verträge, die durch „normativen“ Konsens zustandekommen (Art. 1 OR), gründen nicht im autonomen Willen derjenigen Partei, die den Vertrag überhaupt nicht oder nicht mit „diesem“ Inhalt gewollt hat. Befand sich die betreffende Partei allerdings in einem wesentlichen Erklärungsirrtum, so ist der abgeschlossene Vertrag (Art. 1 OR) für sie unverbindlich (Art. 23), womit dann doch wieder der wirkliche (autonome) Parteiwille zum Tragen kommt. Das gilt jedoch nur für den Fall eines wesentlichen Erklärungsirrtums und wird durch Art. 31 Abs. 1 OR erneut abgeschwächt, weil danach der Vertrag von Gesetzes wegen als genehmigt gilt, falls der Irrtum nicht innert Jahresfrist seit der Entdeckung (Art. 31 Abs. 2 OR) geltend gemacht wird.
103 Der Widerspruch entfällt natürlich dann, wenn man die privatautonome Gestaltung des Vertrages in einem von hier abweichenden Sinne versteht, der auch die vertragliche Regelung durch „normativen“ Konsens umfasst (vgl. dazu HÖNN, a. a. O., S. 960 f.) Damit aber wird der Grundsatz der Privatautonomie seines ursprünglichen Sinnes entleert.
104 Diesen Einwand benützt MERZ (Vertrag und Vertragsschluss, Nr. 7 und 13), in seiner Stellungnahme zum „sozialtypischen Verhalten“ und zur Lehre vom „faktischen Vertragsverhältnis“. Was die konstitutive Wirkung des unwidersprochenen Bestätigungsschreibens angeht, stellt aber auch MERZ nicht auf den Konsens der Parteien ab (vgl. Anm. 71).
105 Vgl. Anm.7 0
106 Vgl. auch LARENZ, a.a.O., S. 650.
107 Andere wurden nur angesprochen, und wieder andere wurden zwar gelöst, wobei aber die angebotenen Lösungen einer noch einer noch vertieften Begründung bedürfen.
108 Dies dürfte zwar selten der Fall sein; ausgeschlossen aber ist es nicht, da ja derjenige, der in Täuschungsabsicht falsch bestätigt, sich selbst darüber täuschen kann, was für den Gegner Vorteilhaft ist.
109 Vgl. oben III/Ziff. 5/lit. d.
110 Vgl. SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 479 zu Art. 1 OR, a. E.
111 EBENROTH, a.a.O., S. 161.
112 JHERING, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, Göttingen 1884, 4. Aufl. 1891, S. 100.
113 CAPRA, Das Tao der Physik, 3. Auflage der Neuausgabe, 1984, S. 3.
114 Vgl. oben IV/Ziff. 2.


Quellennachweis

https://www.unifr.ch/ius/stoeckli/de/assets/public/files/publications/PublikationenPeterGauch/VonderkonstitutivenWirkungkaufmaennBestaetigungsschreiben.pdf

Übungsaufgaben – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

https://ste-u-err-echt.com/uebung-7/

Beispiele zu § 362 HGB – Schweigen im Rechtsverkehr

https://ste-u-err-echt.com/schweigen-3/

Grundlagen des Zivilrechts – Schweigen im Rechtsverkehr

https://ste-u-err-echt.com/schweigen/

Grundlagen des Zivilrechts – Annahme

https://ste-u-err-echt.com/annahme/

Grundlagen des Zivilrechts – Willenserklärung

https://ste-u-err-echt.com/willenserklaerung/

Grundlagen des Zivilrechts – Geschäftsfähigkeit

https://ste-u-err-echt.com/zivilrecht/

Grundlagen des Zivilrechts – Die Stellvertretung

https://ste-u-err-echt.com/stellvertretung/

Grundlagen des Zivilrechts – Von der konstitutiven Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens (KBS)

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