
Rechtsvorschrift
§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 EStG (Einkommensteuergesetz). Diese Rechtsvorschrift verweist auf den § 22 Nummer 2 EStG. Der § 22 Nummer 2 wiederum verweist auf den § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG.
Was fällt unter ein privates Veräußerungsgeschäft?
- Es muss sich um ein Veräußerungsgeschäft handeln.
- Das Veräußerungsgeschäft betrifft Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte.
- Der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt weniger als 10 Jahre.
Anschaffung / Veräußerung
Unter Anschaffung oder Veräußerung im Sinne des § 23 EStG ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsgutes zu verstehen. Als Zeitpunkt der Anschaffung gilt der Zeitpunkt des Abschlusses des obligatorischen Vertrags oder des gleichstehenden Rechtsakts.
Ein entgeltlicher Erwerb ist auch im Wege des Tausches möglich. Die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts entsprechen dabei dem gemeinen Wert des weggegebenen Wirtschaftsguts (BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, m.w.N.).
Demgegenüber handelt es sich nicht um einen Anschaffungsvorgang, wenn kraft Hoheitsakts Grundbesitz entzogen und Ersatzland zugewiesen wird (BFH-Urteil vom 29. März 1995 X R 3/92, BFHE 177, 418). Denn ein Anschaffungsgeschäft verlangt, dass die Erwerbshandlung des Steuerpflichtigen wesentlich von seinem Willen abhängt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 1977 VIII R 23/75, BFHE 122, 453, 455, BStBl II 1977, 712). So ist der Erwerb von Ersatzland im Zusammenhang mit einer Enteignung keine Anschaffung i.S. von § 23 EStG. Am willentlichen Erwerb fehlt es auch bei Rechtsgeschäften zur Vermeidung einer Enteignung bzw. Umlegung.
Ermittlung von Gewinn und Verlust
Veräußerungspreis | |
abzüglich | Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten vermindert um die Werbungskosten einschließlich der Absetzung für Abnutzung. |
= | Gewinn oder Verlust |
- Ein Gesamtgewinn unter 600 € bleibt steuerfrei.
- Ein Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft darf nur bis zur Höhe des Gewinns, eines anderen privaten Veräußerungsgeschäft im gleichen Kalenderjahr verrechnet werden. (Gilt ab 1999)
- Ein Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft mindert (gemäß § 10d EStG) die Einkünfte, die Du in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt hast. (Gilt ab 1999)
- Ein Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft mindert (gemäß § 10d EStG) die Einkünfte, die Du in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielen wirst.

Begriffsklärung
Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten
Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 EStG sind die vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwendungen im Sinne des § 255 HGB.
Dies ist der Gesetzeswortlaut:
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, sind abzusetzen.
Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht einbezogen werden.
Werden auf die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten Zuschüsse von Dritter Seite geleistet, sind die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten um die Zuschüsse, soweit sie keine Mieterzuschüsse sind zu kürzen.
Die Eigenheimzulage und die Investitionszulage mindern die Anschaffungskosten bzw. die Herstellungskosten nicht.
Werbungskosten
Gemeint sind die Kosten, die im Zusammenhang mit der Veräußerung stehen und im steuerlichen Sinne Werbungskosten darstellen.
Absetzung für Abnutzung (AfA)
Anschaffungskosten: Bei Veräußerungsgeschäften, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31.Juli 1995 angeschafft oder in das Privatvermögen überführt und veräußert hat, mindern sich die Anschaffungskosten um die Absetzung für Abnutzung (AfA) und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden sind.
Herstellungskosten: Bei Veräußerungsgeschäften, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut selbst errichtet hat, mindern sich die Herstellungskosten um die Absetzung für Abnutzung (AfA) und Sonderabschreibungen, soweit der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31.Dezember 1998 fertig erstellt und veräußert hat.
Beispiel:
Anton errichtet ab dem Jahr 1998 ein Gebäude, welches er im Jahr 1999 fertigstellt. Dieses Gebäude ist für die Vermietung zu Wohnzwecken gedacht. Anton hatte das Grundstück bereits im Jahr 1996 angeschafft.
Die Herstellungskosten belaufen sich auf 400.000 €. Bis zum 31.12.1998 sind Teilherstellungskosten in Höhe von 300.000 € entstanden, für die Anton 75.000 € Sonderabschreibungen nach § 4 Absatz 2 FördG für den Veranlagungszeitraum 1998 in Anspruch nimmt. Unmittelbar nach der Fertigstellung des Gebäudes veräußert Anton es wieder. Anton kann den Nachweis über die Einkunftserzielungsabsicht erbringen.
Lösung:
Da das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.1998 fertig gestellt worden ist sind die Herstellungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns, um die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen in Höhe von
75.000 € zu mindern.
Zielsetzung des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG
“Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen (ausführlich Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384; vom 25. August 1987 IX R 65/86, BFHE 151, 132, BStBl II 1988, 248).”
Beispiel “Im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks errichtete Gebäude,
§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG”.
Anton hat am 31.03.1993 ein unbebautes Grundstück angeschafft. Im Jahr 1998 stellt er darauf ein Einfamilienhaus fertig, dass er anschließend vermietet. Ab dem 01.04.2003 kann Anton das bebaute Grundstück vermieten, ohne das der Gewinn der Besteuerung nach § 23 EStG unterliegt.

Grundstückstausch als Anschaffung – Identität zwischen angeschafften und veräußerten Wirtschaftsgüter
Überträgt der Eigentümer bei der Veräußerung eines nicht parzellierten Grundstücks eine Teilfläche ohne Ansatz eines Kaufpreises und erhält er dafür gegenüber der erwerbenden Gemeinde einen Rückübertragungsanspruch auf ein entsprechendes, parzelliertes und beplantes Grundstück, so schafft er dieses im Wege des Tausches i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG an.
Praxisfall kurz geschildert
Mit Schenkungsvertrag vom 14.12.1994 erwarb Anton und sein Bruder je zu ½ von ihrem Vater ein 16.365 qm großes unbebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Mit notariellem Kaufvertrag vom 02.07.1997 übertrugen Anton und sein Bruder das Grundstück als Ganzes auf die Stadt P. Die Stadt P. verpflichtete sich, jedem von ihnen nach Vermessung der Grundstücksfläche ein ca. 700 qm großes Baugrundstück, entschädigungslos und ohne Bauauflage zurückzuübertragen. Die Stadt P. wurde als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
Der Kaufpreis berechnete sich wie folgt: Für eine ca. 4.700 qm große Teilfläche, die Bauland werden sollte, wurden 50 DM je qm angesetzt. Von dieser Fläche wurden 1.400 qm abgezogen und nicht in Ansatz gebracht. Dies entspricht einer Fläche, die als Baugrundstücke auf Anton und dessen Bruder zurückübertragen werden sollte. Für die ca. 11.665 qm große Restfläche wurde ein Kaufpreis von
15 DM je qm angesetzt. Der Kaufpreis wurde nach der Umschreibung des Eigentums fällig.
Mit notariellem Vertrag vom 3. Februar 2003 übertrug die Stadt P. Anton das unbebaute Grundstück mir einer Fläche von 844 qm. Hinsichtlich der übertragenen Mehrfläche von 144 qm verpflichtete sich Anton zur Zahlung von 3.680,64 € als Ausgleichsbetrag.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 2003 verkaufte Anton das unbebaute Grundstück in Höhe von 844 qm an die L GmbH für 83.000 €, wovon ihm am 30. Dezember 2003 61.427 € als Teilzahlung gutgeschrieben wurden.
Das Finanzamt sah in der Veräußerung des Grundstücks an die L GmbH einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang i.S. des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 23.035 € an.
Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1941 veröffentlichten Urteil, das Finanzamt habe zutreffend den Erwerb des Grundstücks von der Stadt P. und die Veräußerung an die L GmbH als privates Veräußerungsgeschäft gemäß
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beurteilt und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 23.035 € angesetzt.
Der Vertrag vom 2. Juli 1997 zwischen dem Kläger und der Stadt P. bestehe aus einem Kauf- und einem Tauschgeschäft.
Das wirtschaftliche Eigentum an der streitgegenständlichen Grundstücksfläche sei mit dem Tag, an dem die Stadt P., den im Vertrag vom 2. Juli 1997 vereinbarten Kaufpreis an den Kläger gezahlt habe, auf sie übergegangen. Die Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG sei auch der Höhe nach zutreffend.
Da die Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG von zehn Jahren frühestens mit Abschluss des Vertrags vom 2. Juli 1997 begann, war sie bei der Veräußerung am 23. Dezember 2003 an die L GmbH jedenfalls noch nicht abgelaufen.
Nicht zu beanstanden ist auch die Berechnung des Veräußerungspreises seitens des Finanzgerichts. Insbesondere bestimmen sich die Anschaffungskosten von Anton nach dem Wert der eingetauschten Teilfläche Bauerwartungsland von 700 qm. Zwar war Anton daran nur zur Hälfte beteiligt. Jedoch hat die Stadt P. von der Grundstücksgemeinschaft des Klägers und seines Bruders insgesamt 1.400 qm gegen Rückübertragungsanspruch nach “Beplanung” erworben, worauf anteilig auf den Kläger die Hälfte, also eben die 700 qm entfallen. Die Anschaffungskosten des erworbenen Rückübertragungsanspruchs entsprachen dem Wert des dafür hingegebenen Bauerwartungslands.
Berechnung der Kaufpreiszahlung durch die Stadt
Insgesamt 16.365 qm großes unbebautes Grundstück.
4.700 qm | ||
abzüglich | 1.400 qm | (Anteil für Anton und dessen Bruder) |
= | 3.300 qm | |
multipliziert mit | 50 DM je qm | |
= | 165.000 DM |
Restfläche | 11.665 qm |
Multipliziert mit | 15 DM je qm |
= | 174.975 DM |
Die Kosten des Kaufpreises belaufen sich auf insgesamt 339.975 DM (165.000 DM + 174.975 DM). 339.975 DM entsprechen 173.826,46 €
Zahlung an die Stadt durch Anton
Zahlung an die Stadt in Höhe von 3.680,64 € (7.200 DM) als Ausgleichsbetrag für die Mehrfläche von 144 qm.
Verkaufserlös Anton
Verkauf durch Anton an die L GmbH in Höhe von 83.000 €. Hiervon wurden ihm am 30.12.2003 61.427 € gutgeschrieben.
Ermittlung des Gewinns
Im Jahr 2003 berücksichtigte das FA einen Veräußerungsgewinn von 23.035 €. Der Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die Klage.
Berechnung durch das Finanzamt
Veräußerungspreis | 60.000,00 € | |
Abzüglich AK | 840 qm x 25,56 € je qm = | 21.572,64 € |
Abzüglich Erwerbsaufwendungen, die Anton nachgewiesen hat | 15.392,36 € | |
Veräußerungsgewinn i.H.v. | 23.035,00 € |
Quellenangabe:
BFH – Urteil vom 13. April 2010, IX R 36/09
§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, § 23 Absatz 3 EStG
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE201010193/
Privates Veräußerungsgeschäft
Unentgeltlicher Erwerb bei Übertragung ohne Übernahme der Darlehen des Rechtsvorgängers
Ein unentgeltlicher Erwerb i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG liegt vor, wenn im Rahmen der Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Übergeber ein (dingliches) Wohnrecht eingeräumt wird und die durch Grundschulden auf dem Grundstück abgesicherte Darlehen des Rechtsvorgängers nicht übernommen werden.
Ein unentgeltlicher Erwerb liegt vor, wenn der Erwerber keine Gegenleistung erbringt. Das ist z.B. der Fall, wenn zivilrechtlich eine Schenkung vorliegt. Die Übernahme von Schulden beim Erwerb eines Grundstücks hingegen stellt eine Gegenleistung dar. Es liegt in Höhe der Schuldübernahme ein Entgelt vor. Denn der Übertragende wird von einer zivilrechtlichen Verbindlichkeit befreit, in die der Übernehmer des Grundstücks eintritt.

Praxisfall kurz geschildert
Frau Thoma erwarb am 27.10.2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihrer Mutter unter Übernahme der Grundschulden in Höhe von 400.000 DM (entspricht 204.516 €) ein Grundstück in Bonn. Nicht übernommen wurden von Frau Thoma die den Grundschulden zugrunde liegenden Darlehen. Die Darlehen wurden nach der Grundstücksübertragung weiterhin von der Mutter bedient. Zugleich mit der Übertragung des Grundstücks bestellte Frau Thoma ihrer Mutter und deren damaligen Lebensgefährten ein lebenslanges dingliches Wohnrecht.
Das Grundstück hatte eine Größe von 81 660 qm. Es befanden sich dort als getrennte Gebäude mit jeweils eigenen Zugängen und eigenen Sanitär- und Küchenbereichen ein Haupthaus (120 qm) und ein Nebengebäude (60 qm). Die Mutter von Frau Thoma hatte das Grundstück am 08.12.1998 für 285.000 DM (entspricht 145.718,28 €) im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben. Nach dem Grundstückserwerb tätigte die Mutter Instandsetzungs- und Ausbaukosten in Höhe von 70.000 €. Das Hauptgebäude nutzte die Mutter zusammen mit ihrem Lebensgefährten von 1998 bis zur Veräußerung 2007 unentgeltlich zu eigenen Wohnzwecken. Das Nebengebäude wurde ab dessen Fertigstellung in den Jahren 2002 und 2003 bis zur Veräußerung von Frau Thoma hauptsächlich an Wochenenden zu privaten Wohnzwecken genutzt. Unter der Woche wohnte Frau Thoma wegen einer Berufsausbildung andernorts.
Am 14.09.2007 veräußerte Frau Thoma das gesamte Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 530.000 €. Die Veräußerung erfolgte lastenfrei. Vom Kaufpreis entfielen 15.000 € auf den Verkauf „beweglicher Güter„. Von dem auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreis wurden die durch die Grundschulden besicherten Darlehen in Höhe von 265.748 € bedient. Der Restkaufpreis in Höhe von rund 264.250 € wurde an Frau Thoma ausgekehrt. Mit der Veräußerung bezweckten Frau Thoma und ihre Mutter, der drohenden Zwangsvollstreckung seitens der Grundschuldgläubiger zu entgehen.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2007 erklärte Frau Thoma keinen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
Das Finanzamt berücksichtigte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 195.515 € als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nummer 2 in Verbindung mit § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG. Hinsichtlich des von Frau Thoma genutzten Nebengebäudes sei von der Nichtsteuerbarkeit gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG auszugehen.
Die Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG greife nicht für die Veräußerung des Hauptgebäudes, das von der Mutter und deren Lebensgefährten bewohnt worden sein. Das Hauptgebäude wurde im Jahr der Veräußerung, sowie in den beiden Vorjahren nicht von Frau Thoma zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
Die Aufteilung habe nach dem Verhältnis der Nutzflächen zu erfolgen. Daher sei ein Drittel des Veräußerungsgewinns außer Betracht zu lassen.
Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht vom Übergeber übernommen hat.
Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht übernommen hat. Die Belastung eines unentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts mit einer Grundschuld führt nicht zu Anschaffungskosten Denn die Belastung mit einer Grundschuld beruht weder auf einem entgeltlichen Anschaffungsgeschäft noch verändert sie die Nutzbarkeit des Grundstücks oder dient der Herstellung eines betriebsbereiten Zustands. Die Eintragung einer Grundschuld hat keine Einschränkung der Nutzungsbefugnisse zur Folge. Die Belastung sichert auch nicht den Übergang in die Verfügungsmacht des Erwerbers, da sie über die Sicherungsvereinbarung nur den Darlehensanspruch des Gläubigers, nicht aber den Verschaffungsanspruch des Erwerbers absichert.
Die bloße Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung privater Verbindlichkeiten nach der Veräußerung führt nicht zur Entstehung von Veräußerungskosten.
Frau Thoma hat private Verbindlichkeiten ihrer Mutter mit dem Veräußerungserlös getilgt. Diese Verwendung der erlangten Mittel steht mit der Veräußerung weder unmittelbar noch mittelbar in Zusammenhang. Die Zahlung hat sich zudem zeitlich –durch Einzahlung auf ein Anderkonto– nach der Veräußerung abgespielt und hat auch keinen Niederschlag im Kaufvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber gefunden. Die bloße Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung privater Verbindlichkeiten nach der Veräußerung führt nicht zur Entstehung von Veräußerungskosten i.S. von § 23 Abs. 3 EStG.
Bei der am 27.10.2004 erfolgten Übertragung von der Mutter an die Tochter Frau Thoma handelt es sich um einen unentgeltlichen Erwerb. Denn Frau Thoma hat lediglich die dingliche Belastung übernommen, nicht aber die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen. Frau Thoma hat mithin keine Gegenleistung erbracht. Vielmehr hat sie das Grundstück, gemindert um den Wert der dinglichen Belastungen, erworben.
Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG. Dazu gehören gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Im Fall des unentgeltlichen Erwerbs ist dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG).
- Im Streitfall hat die Mutter das Grundstück am 08.12.1998 erworben. Die unentgeltliche Übertragung an die Tochter erfolgte am 27.10.2004 mit der Folge, dass die Tochter in die noch laufende Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eintrat. Die durch die Klägerin erfolgte Veräußerung fand am 14.09.2007 und damit noch innerhalb der Zehnjahresfrist statt.
Der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setzt voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden.

Zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wirtschaftsgüter
Gebäude, selbständige Gebäudeteile, Eigentumswohnungen und in Teileigentum stehende Räume (Wirtschaftsgüter), die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, sind von der Veräußerungsgewinnbesteuerung ausgenommen.
Beispiel:
Anton hat im Jahr 1993 ein unbebautes Grundstück angeschafft, das er zunächst als Gartenland nutzt. Im Jahr 1996 errichtet er darauf ein Einfamilienhaus, das er bis zur Veräußerung des Grundstücks im Jahr 1999 mit seiner Familie bewohnt.
Lösung:
Da Anton das Einfamilienhaus im Zeitraum zwischen Fertigstellung (1996) und Veräußerung (1999) zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, unterliegt ein erzielter Veräußerungsgewinn insgesamt nicht der Besteuerung.
Unbebaute Grundstücke
Ein unbebautes Grundstück ist kein begünstigtes Wirtschaftsgut im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG.
Beispiel:
Anton hat im Jahr 1995 ein unbebautes Grundstück angeschafft. Bis zu dessen Veräußerung im Jahr 1999 nutzt er das unbebaute Grundstück zusammen mit seiner Familie ausschließlich zu Erholungszwecken.
Lösung:
Ein erzielter Veräußerungsgewinn unterliegt der Besteuerung nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG.
Dies gilt auch
- In den Fällen, in denen die vorgesehene Bebauung mit einer zu eigenen Wohnzwecken bestimmten Wohnung nicht realisiert wird, und
- Bei der Veräußerung von Grund und Boden (unbebaute Teilfläche) eines Grundstücks, das ansonsten mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude bebaut ist.
Quellenangabe:
BFH – Urteil vom 03. September 2019, IX R 8/18
§ 255 Absatz 1 Satz 1 HGB
§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG
§ 23 Absatz 1 Satz 3 EStG
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 15. Februar 2018, Az: 4 K 4295/16
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE201910281/
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