
Wenn Soldaten die Gemeinschaftsunterkunft nicht nutzen
Erhalten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft, so ist der geldwerte Vorteil steuer- und sozialversicherungspflichtig. Für diesen Zweck werden jedes Jahr amtliche Sachbezugswerte festgelegt (2020: 235 € monatlich).
Gemeinschaftsunterkünfte sind z.B. Kasernen. Bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft wird bei Angehörigen der Bundeswehr und der Bundespolizei der Sachbezugswert gekürzt, z.B. um 75 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A1 bis A4, um 55 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A5 und A6 und entsprechenden Mannschafts- oder Unteroffiziersdienstgraden, um 15 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A7 und höher sowie entsprechenden Feldwebel- und Offiziersdienstgraden.
Was gilt, wenn der Arbeitgeber eine Gemeinschaftsunterkunft unentgeltlich zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer diese tatsächlich nicht nutzt? Etwa bei Soldaten, die nicht in der Kaserne schlafen, sondern täglich nach Hause fahren (“Ausgang bis zum Wecken”)? Die weitere Frage ist, ob die Soldaten ggf. dann den versteuerten Sachbezugswert als Werbungskosten absetzen können.
AKTUELL hat der Bundesfinanzhof eine erfreuliche Entscheidung zugunsten der Soldaten getroffen: Müssen Berufs- und Zeitsoldaten für die kostenlose Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne einen Sachbezugswert versteuern, auch wenn sie tatsächlich nicht in der Kaserne übernachten, dürfen sie diesen Betrag in gleicher Höhe als Werbungskosten absetzen (BFH-Urteil vom 28.04.2020, VI R 5/18).
- Für eine kostenlose Unterkunft betrug der amtliche Sachbezugswert im Streitjahr 204 € (es ging um das Jahr 2009). Dieser Wert wurde bei Soldaten bei einer Gemeinschaftsbelegung ab 4 Personen um 75 % gekürzt auf 51 € pro Monat. Folglich sei ein geldwerter Vorteil von 612 € im Jahr als Arbeitslohn zu versteuern.
- Ein versteuerter geldwerter Vorteil kann in gleicher Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden, wenn die entsprechenden Zahlungen durch den Arbeitnehmer zu abziehbaren Werbungskosten geführt hätten. Der Soldat hätte Aufwendungen für die Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zwar nicht im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (gemäß § 9 Absatz 1 Nr.5 EStG) absetzen können, wohl aber als allgemeine Werbungskosten (gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 EStG). Vorausgesetzt, er nutzte die Unterkunft ausschließlich für dienstliche Zwecke, etwa zum Aufbewahren von Uniform und Ausrüstung, Anlegen und Wechsel der Uniform. Denn dies reicht für ein “Wohnen” am Beschäftigungsort nicht aus.
- Zusätzlich sind natürlich die arbeitstäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Kaserne mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten abzugsfähig.
- Der BFH hat im Urteil ausdrücklich offen gelassen, ob für die kostenlose Zurverfügungstellung einer Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne für Heimschläfer überhaupt ein Sachbezugswert versteuert werden muss.
Hätte der Soldat auf eigene Kosten eine Unterkunft (Zweitwohnung am Dienstort) angemietet, gelten die Regeln zur doppelten Haushaltsführung. Sofern ein “eigener Hausstand” vorhanden ist, können wahlweise entweder die Wohnkosten und eine Heimfahrt pro Woche oder aber beliebig viele Heimfahrten ohne Wohnkosten als Werbungskosten abgesetzt werden. Ist “kein eigener Hausstand” vorhanden, sind nur die Fahrtkosten abziehbar, nicht jedoch die Wohnkosten. Wohlgemerkt: Nur wenn die Unterkunft ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt wird, kommt ein Werbungskostenabzug in Betracht.
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