Stellungnahme des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL)
Spread the love


Stellungnahme des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL)

Abschrift


NVL
Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V.

NVL e.V., 13465 Berlin, Oranienburger Chaussee 51

Bundesministerium der Finanzen
Herrn MD Michael Sell
Leiter der Steuerabteilung
Wilhelmstr. 97
11016 Berlin

E-Mail: IVa2@bmf.bund.de

Berlin, 23. September 2015


Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
GZ IV A 2 – S 1910/15/10043-02
DOK 2015/0682696



Stellungnahme


Sehr geehrter Herr Sell,

wir bedanken uns für die Zusendung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens und der Möglichkeit zur Stellungnahme.

Die Anwendung betrifft insbesondere den Bereich der Einkommensbesteuerung und hierbei vor allem die Massenverfahren zur Arbeitnehmerveranlagung und Besteuerung von Altersbezügen. Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine e. V. begrüßt das Vorhaben, das Besteuerungsverfahren zu modernisieren und technische Verfahren bei der Kommunikation und Datenverarbeitung stärker zu nutzen.

Die automationsgestützte Bearbeitung, die bereits im Einsatz ist, und deren Ausbau sind zu befürworten. Deren Nutzung ist nicht nur ein Erfordernis mangelnder personeller Kapazität. Sie kann gegenüber ausschließlich personeller Bearbeitung von Steuererklärungen zu einer größeren Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung führen. Der vorliegende Gesetzentwurf geht den richtigen Weg und enthält wichtige Regelungen. Einzelne Details erfordern jedoch noch Korrekturen zur Erreichung vorgenannter Zielsetzung.

Insbesondere der Datenschutz hat oberste Priorität und muss ungeachtet der ausstehenden europäischen Regelung ausreichend berücksichtigt werden.

Aufgrund des Umfangs der gesetzlichen Regelungen beschränkt sich unsere Stellungnahme auf ausgewählte Punkte.


Zu Artikel 1 – Änderung der Abgabenordnung


§ 29a – Flexibilisierung der Zuständigkeit der Finanzämter

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass auf Anordnung der Landesfinanzministerien örtlich nicht zuständige Finanzämter zur Unterstützung anderer Ämter herangezogen werden können.

Der Intension ist aus Sicht des NVL im Interesse einer gleichmäßigen Bearbeitung und Auslastung zuzustimmen. Für Steuerpflichtige und Beraterschaft ist hierbei entscheidend, dass, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, das herangezogene Finanzamt im Namen des zuständigen Amtes handelt und das Verwaltungshandeln dem örtlich zuständigen Finanzamt zuzurechnen ist.

Darüber hinaus ist technisch und organisatorisch sicherzustellen, dass bei Rückfragen des Steuerpflichtigen bzw. seines Beraters eine Kommunikation mit einem Bearbeiter möglich ist, der zum Sachverhalt inhaltliche Auskünfte geben und Verfahrenshandlungen vornehmen kann. Die telefonische Kommunikation bietet Beratern und Finanzverwaltung häufig eine schnelle Klärung und muss auch in diesen Fällen gewährleistet bleiben.

Nach der Gesetzesbegründung ist der Steuerpflichtige nur bei Bedarf zu informieren. Der Bedarf wird hierbei aus Sicht der Finanzverwaltung festgelegt. Dies halten wir für nicht ausreichend. Eine Information sollte grundsätzlich erfolgen und die Pflicht hierzu gesetzlich verankert werden. Bisher fehlt eine gesetzliche Regelung.


§ 80 – Bevollmächtigte und Beistände


Der NVL befürwortet die Neustrukturierung der Vorschrift. Zu den inhaltlichen Änderungen begrüßen wir insbesondere die Aufnahme der bisherigen Verwaltungsregelung zur Vollmachtsvermutung für Lohnsteuerhilfevereine in eine gesetzliche Regelung sowie die Festlegungen zur Vollmachtsvermutung beim Datenabruf unter den Voraussetzungen des § 80a Absatz 2 und 3 AO-E. Die neue Regelung schafft Rechtssicherheit sowohl für die beratenden Lohnsteuerhilfevereine als auch für die vertretenen Mitglieder.

Ergänzungsbedarf sehen wir zu der in Absatz 8 enthaltenen Festlegung einer Zurückweisung, die sich darauf stützt, dass der Bevollmächtigte zum schriftlichen oder mündlichen Vortrag nicht geeignet ist. Nach geltender Rechtslage gilt dies nicht für Berufsträger nach § 3 Nummer 1 sowie § 4 Nummer 1 und 2 StBerG. Diese Ausnahme sollte beibehalten und um Lohnsteuerhilfevereine (§ 4 Nummer 11 StBerG) ergänzt werden. Bei diesen Bevollmächtigten sollte sich die Zurückweisung auf die Fälle unbefugter Hilfeleistung beschränken, die Absatz 7 der Neufassung regelt. Bei einer Zurückweisung wegen „fehlender Eignung“ ist unbestimmt, wie diese festzustellen wäre. Bereits aufgrund der Rechtsfolgen beispielsweise hinsichtlich Bekanntgabe, Wirksamkeit von Verwaltungsakten und Fristabläufen sollte bei Personen und Vereinigungen, die nach dem Steuerberatungsgesetz aufgrund nachgewiesener Qualifikation geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten dürfen, keine Zurückweisung aufgrund dieses unbestimmten Rechtsbegriffes erfolgen. Soweit im Einzelfall Indizien für eine mangelnde Eignung vorliegen, sind die berufsrechtlichen Festlegungen zu beachten. Sie bieten einen ausreichenden Rechtsrahmen. Für Lohnsteuerhilfevereine ist die zuständige Aufsichtsbehörde zu informieren, die ihrerseits erforderliche Schritte einzuleiten hat.


§ 80a – Elektronische Übermittlung von Vollmachtsdaten

Mit der Neufassung wird eine Gesetzesgrundlage zur elektronischen Kommunikation über den Tatbestand sowie den Umfang der Bevollmächtigung geschaffen. Das Vorliegen einer erteilten Bevollmächtigung wird auf Grundlage der elektronisch übermittelten Daten zur Bevollmächtigung vermutet, d. h. als vorliegend unterstellt. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Zulassung zur Hilfeleistung bestätigt. Für Lohnsteuerhilfevereine sind hierbei die von den Landesfinanzverwaltungen festgelegten Aufsichtsbehörden zuständig. Die Bestätigung zur Zulassung der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfe in Steuersachen hat im automatisierten Verfahren zu erfolgen.

Diese Regelungen werden vom NVL befürwortet. Sie schaffen nach unserer Einschätzung einen sicheren Rechtsrahmen und ausreichende Flexibilität für eine praxistaugliche Umsetzung des Berechtigungsmanagements für Lohnsteuerhilfevereine. Mitglieder der Lohnsteuervereine können – im Rahmen der Befugnis der Vereine – bei der Vertretung und zum Datenabruf den gleichen Service erhalten wie Mandanten von Steuerberatern. Dieses ist sehr zu begrüßen.

Für den Fall eines Widerrufs regen wir zur Klarstellung folgende Ergänzung im letzten Satz des Absatzes 1 an: „Wird eine Vollmacht … gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen oder verändert, muss der Bevollmächtigte dies unverzüglich den Landesfinanzbehörden … mitteilen.“


§ 87a Absatz 1 – Elektronische Benachrichtigung zur Bereitstellung von Daten

Der neu eingefügte Satz 4 berechtigt die Finanzverwaltung zur unverschlüsselten elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung von Daten zum Abruf. Die unverschlüsselte Benachrichtigung ist wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt unbedenklich, soweit sie keine besonders schützenswerten Daten beinhaltet. Diese Einschränkung ist jedoch im Gesetz nicht gesondert aufgeführt und sollte unseres Erachtens dahingehend ergänzt werden.


§ 88 – Untersuchungsgrundsatz

Die für das amtliche Besteuerungsverfahren zentrale Vorschrift wird ergänzt in Bezug auf die Nutzung automationsgestützter Systeme bis hin zur vollständig automatisierten Steuerfestsetzung. Dieses Anliegen ist nachvollziehbar und grundsätzlich zu unterstützen. Die Nutzung moderner elektronischer Datenverarbeitung kann die Verifikation quantitativ und qualitativ verbessern und damit zu einer größeren Gleichmäßigkeit der Besteuerung beitragen. Dies gilt grundsätzlich auch für eine vollständig automationsgestützte Steuerfestsetzung.

Für eine hohe Qualität der Amtsermittlung ist nicht nur die technische Umsetzung maßgeblich, sondern auch die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. In dieser Hinsicht ist zu den vorgesehenen Änderungen folgendes anzumerken.

Gegenüber dem Diskussionsentwurf ist nunmehr einschränkend festgelegt, dass Einzelheiten des Risikomanagements (Absatz 5) sowie Festlegungen der Finanzverwaltung über Art und Umfang der Ermittlungen (Absatz 3) nur insoweit nicht veröffentlicht werden dürfen, wie hierdurch die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährdet werden könnte. Diese Änderung wird vom NVL begrüßt. Darüber hinaus halten wir die in Absatz 5 zum Risikomanagement festgelegten gesetzlichen Mindestanforderungen für sachgerecht.

Klarstellungs- und Änderungsbedarf besteht nach unserer Auffassung hinsichtlich der Nutzung Daten Dritter im Besteuerungsverfahren, insbesondere im Verhältnis zu den Angaben des Steuerpflichtigen.

Hierbei regelt Absatz 6, dass die Finanzbehörden Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt auf der Grundlage ihnen vorliegender Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen vornehmen können, gleiches gilt für die Berichtigung, Aufhebung oder Änderung von Steuerfestsetzungen. In der Reihenfolge werden hier zunächst die den Finanzbehörden bereits vorliegenden Informationen aufgeführt, dies sind überwiegend die von Dritten gemeldeten Daten. Erst an zweiter Stelle sind die Angaben des Steuerpflichtigen benannt. Die Steuerfestsetzung muss sich jedoch vorrangig auf die Angaben des Steuerpflichtigen stützen. Weitere vorliegende Informationen und insbesondere Daten Dritter sind ausschließlich ergänzend heranzuziehen. Anderenfalls erhalten sie den faktischen Charakter eines Grundlagenbescheides, der nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung nicht gewollt ist und dem auch rechtlich nicht zuzustimmen wäre.

Eine Klarstellung in Absatz 6 zum Vorrang der Daten des Steuerpflichtigen auch in Fällen automationsgestützter Bearbeitung ist insbesondere aufgrund der Regelungen in Absatz 3 erforderlich. Hiernach können die Finanzbehörden für bestimmte Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlung erteilen, bei denen allgemeine Erfahrungen sowie Wirtschaftlichkeit- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte berücksichtigt werden können. Somit könnten beispielsweise Rentenbezieher als entsprechende Fallgruppe eingestuft werden. Aufgrund der „Erfahrung“, dass die Daten der Rentenversicherer überwiegend zutreffend sind, könnte die Weisung erteilt werden, diese Werte automationsgestützt stets auch dann zu berücksichtigen, wenn sie von den Angaben der Steuerpflichtigen abweichen. Dies ließe sich ebenso auf die „Fallgruppe Arbeitnehmer“ ausweiten und würde dazu führen, dass aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten, gestützt auf die „Erfahrung“ einer überschaubaren Fehlerquote, die nach § 93c AO-E übermittelten Daten vorrangig und abweichend von den Daten des Steuerpflichtigen der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Eine solche, nach vorliegendem Gesetzentwurf mögliche Vorgehensweise würde jedoch Risiken und Aufwand auf die Steuerpflichtigen und Berater verlagern und ist deshalb abzulehnen. Im Falle fehlerhafter Steuerfestsetzung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen muss dieser innerhalb der Rechtsbehelfsfrist tätig werden. Im Falle fehlerhafter Steuerfestsetzung zu Gunsten des Steuerpflichtigen kann die Finanzverwaltung aufgrund der neuen Änderungsvorschrift § 175b EStG innerhalb der Festsetzungsverjährung die Steuer heraufsetzen (zur weiteren Bewertung dieser Änderungsvorschrift siehe unten).

Nach der Gesetzesbegründung soll eine personelle Prüfung durch den Steuerpflichtigen veranlasst werden können, wenn er in hierfür vorgesehene Felder entsprechende Anträge stellt. Da in diesen Fällen die Untersuchungsgrundsätze gemäß Absatz 1 und Absatz 2 unabhängig vom elektronischen Risikomanagement zum Tragen kommen, ist diese Antragstellung zum Rechtsschutz des Steuerpflichtigen fundamental. Aus diesem Grund ist eine gesetzliche Verankerung erforderlich, die vorliegend fehlt.

Soweit beispielsweise dem Steuerpflichtigen bekannt ist, dass die übermittelten Daten unzutreffend sind (bspw. fehlerhafte Lohndaten im Insolvenzfall des Arbeitgebers), wird hierdurch eine individuelle Prüfung veranlasst. Dies ist zwingend erforderlich, damit der Steuerpflichtige unabhängig von einer Korrektur der Datenmeldung eine zutreffende Besteuerung erreichen kann. In diesen Fällen darf jedoch auch bei Anwendung des § 175b AO-E keine automatisierte Änderung aufgrund neuer Datenmeldungen erfolgen. Anderenfalls würde die vorherige personelle Prüfung bei der (Erst-)Veranlagung ausgehebelt werden.

An dieser Stelle ist nochmals hervorzuheben, dass im Einzelfall für den Steuerpflichtigen aus Rechtsschutzgründen eine personelle Amtsermittlung zwingend erforderlich ist. Anderenfalls wäre eine zutreffende Besteuerung abhängig von einer zutreffenden Datenübermittlung, die der Steuerpflichtige im Zivilrechtswege gegenüber den Dritten einfordern müsste. Darüber hinaus können Fälle auftreten, in denen der Steuerpflichtige vom Dritten keine ausreichende Dokumentation erhält. Zwar regelt § 93c Absatz 1 Nummer 3 AO-E Mitteilungspflichten gegenüber dem Steuerpflichtigen. Die Nichteinhaltung dieser Informationspflicht wird jedoch nicht sanktioniert. Deshalb ist für den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen wichtig, dass dieser im Zweifelsfall die weitergehende Amtsermittlung initiieren kann.

Absatz 4 – Speicherung der Daten bei fehlerhafter Zuordnung: Die Regelung ist insoweit problematisch, als eine spätere Datenübermittlung eine Änderung des Steuerbescheides nach § 175b AO-E auslöst. Da im Fall einer zunächst nicht möglichen Zuordnung und deshalb unterbliebenen Datenübermittlung davon auszugehen ist, dass fehlerhafte Daten vorliegen, dürfte auch der Inhalt besonders prüfungswürdig sein. Ob jedoch der Steuerpflichtige im Falle einer zeitlich sehr nachgelagerten Änderung des Steuerbescheids den Inhalt der Datenübermittlung nachvollziehen kann, erscheint fraglich. Wir halten es deshalb für geboten, die Anwendung einzuschränken. Der Regelfall muss sein, dass gemeldete Daten zugeordnet und ausgewertet werden. Auftretende Probleme müssen zumindest innerhalb einer angemessenen Übergangszeit gelöst werden. Insbesondere die Speicherungsdauer von 20 Jahren ist nach unserer Auffassung erheblich zu weitgehend.


§ 93c – Datenübermittlung durch Dritte

Die zentrale Verortung der bisher in Einzelgesetzen enthaltenen Regelungen zur Datenübermittlung durch Dritte wird vom NVL begrüßt.

Aus Gründen der Datenhoheit und zur Sicherstellung des Rechtsschutzes ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige Kenntnis über seine, von Dritten übermittelten Daten erhält. Die gesetzliche Normierung einer Mitteilungspflicht in dieser Vorschrift wird vom NVL ebenfalls begrüßt. Zu den Festlegungen halten wir folgende Ergänzungen für erforderlich:

Im Vergleich zu der bisher in § 10 Absatz 2a Satz 9 EStG enthaltenen Mitteilungspflicht weicht die Formulierung ab. Bisher hat die übermittelnde Stelle den Steuerpflichtigen über die Höhe der übermittelten Beiträge zu unterrichten. Bei Lohnersatzleistungen genügt es hingegen, über die Datenübermittlung „entsprechend zu informieren“ (§ 32 b Absatz 3 Satz 2 EStG).

Wir gehen davon aus, dass nach der vorliegenden Formulierung Gegenstand der Mitteilungspflicht die Inhalte der übermittelten Daten sind. Dies sollte zumindest in der Gesetzesbegründung klargestellt werden. Darüber hinaus regen wir an zu prüfen, ob die Einschränkung auf die für die Besteuerung relevanten Daten erforderlich ist. Zwingend sollten die unter Nummer 2c aufgeführten Inhalte dem Steuerpflichtigen mitgeteilt werden (Zeitpunkt der Erstellung des Datensatzes, Angabe zur erstmaligen oder korrigierenden Meldung) sowie der Zeitpunkt der Datenübermittlung selbst. Diese Informationen können insbesondere zur Aufklärung von Unstimmigkeiten beitragen.

Sehr zu begrüßen ist, dass in Absatz 3 Satz 2 ausdrücklich die Autonomie der zuständigen Finanzbehörde sowie deren Rechte und Pflichten bei der Ermittlung des Sachverhaltes bestätigt wird.


§ 109 – Verlängerung von Fristen
https://ste-u-err-echt.com/109ao/https://ste-u-err-echt.com/2020-2/

Die Neuregelung sieht eine Verschärfung bei der Gewährung von Fristverlängerungen für Fälle der steuerlichen Vertretung dahingehend vor, dass dem Steuerpflichtigen kein Verschulden anzulasten sein darf. Diese Einschränkung gilt für nicht vertretene Steuerpflichtige nicht. Insoweit können nicht vertretene Steuerpflichtige auch über die Fristen bei Bevollmächtigung hinausgehende Fristverlängerungen erhalten, ohne die Hürde fehlenden Verschuldens nachweisen zu müssen.

In der gegenwärtigen Konstellation unzureichender Abgrenzung von Fällen mit Veranlagungspflicht, mangelnden Steuervollzugs für Veranlagungsfälle sowie insbesondere im Zusammenhang mit den vorgesehenen Vorschriften zum Verspätungszuschlag ist diese Verschärfung abzulehnen.

In Absatz 2 sollten deshalb die Wörter „ohne Verschulden“ gestrichen werden.


§ 118a – Ausschließlich automationsgestützt erlassene Verwaltungsakte

Die gesetzliche Normierung des Zeitpunktes der Willensbildung, der insbesondere zur Anwendung von Korrekturnormen Bedeutung hat, ist sachgerecht und wird begrüßt. Ergänzend sollte geregelt werden, dass dieser Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung nachvollziehbar und unabänderbar aufgezeichnet werden muss.

Für Steuerbescheide regen wir an, den Abschluss der maschinellen Verarbeitung auf dem Bescheid mit auszuweisen.


§ 122 – Bekanntgabe

Zu Absatz 1:
Die vorgesehene Änderung übernimmt die bisherige Verwaltungsanweisung im Anwendungserlass als gesetzliche Regelung für die Fälle des Vorliegens einer schriftlichen oder per Datensatz elektronisch übermittelten Empfangsvollmacht (Einschränkung des Ermessens der „Kann-Regelung“). Diese gesetzliche Klarstellung zur Bekanntgabe an den Bevollmächtigten wird sehr begrüßt.

Zu Absatz 2b:
Die Vorschrift schafft die gesetzliche Grundlage zur elektronischen Bekanntgabe von Verwaltungsakten über einen Datenabruf des Steuerpflichtigen oder seines Bevollmächtigten im authentifizierten Verfahren. Zur Beseitigung von Medienbrüchen ist dieser Regelung zuzustimmen. Dies gilt auch für die Festlegungen zur Bekanntgabefiktion und zum Zugangsnachweis der Benachrichtigung.

Nach Auffassung des NVL ist die vorgesehene Zustimmung zur elektronischen Bekanntgabe aus praktischen und Rechtsschutzgründen wichtig. Die Regelung sollte dahingehend ergänzt werden, dass diese Zustimmung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.


§ 149 – Abgabe der Steuererklärungen
https://ste-u-err-echt.com/%c2%a7-149ao/

Absatz 1 verweist unverändert auf die Bestimmungen in den Einzelgesetzen zur Abgabepflicht einer Steuererklärung. Insbesondere bei der Einkommensteuer besteht Anpassungsbedarf an tatsächliche Verhältnisse. So regelt § 56 EStDV i. V. m. § 25 EStG die Abgabepflicht, soweit der Gesamtbetrag der Einkünfte den steuerlichen Grundfreibetrag überschreitet. Eine Steuerlast ergibt sich jedoch erst, wenn auch das Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Folgerichtig wird im Zuge der Auswertung der Rentenbezugsmitteilungen von den Finanzbehörden das Einkommen unter Berücksichtigung der Abzugsbeträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für eine Entscheidung über die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung herangezogen. Liegt das kalkulierte Einkommen unter dem Existenzminimum, wird vom Steuervollzug abgesehen. Dies ist durchaus sachgerecht, da sich nach den vorliegenden Werten keine Steuerlast ergeben wird.

Ungeachtet dessen besteht für den Steuerpflichtigen die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung, wenn die Einkünfte den Grundfreibetrag überschreiten. Die Regelungen zur Abgabepflicht müssen deshalb angepasst werden, soweit nach vorliegendem Gesetzentwurf die Nichtabgabe der Steuererklärung stärker sanktioniert werden soll (§ 152 AO – https://ste-u-err-echt.com/152ao/).

Absatz 3:
Die erstmals aufgenommene gesetzliche Regelung zur Abgabefrist im Falle steuerlicher Vertretung ist sehr zu begrüßen. Der Zeitrahmen bis 28. Februar des zweiten Folgejahres trägt dem Umstand Rechnung, dass in den ersten beiden Monaten nach Ablauf des Veranlagungsjahres noch keine Steuererklärungen erstellt werden können, da die erforderlichen Datenmitteilungen und Bescheinigungen Dritter meist noch nicht vorliegen. Mit dieser Regelung wird das Erfordernis einer kontinuierlichen Arbeitsauslastung der Beraterschaft anerkannt. Den Regelungen zur Vorabanforderung in Absatz 4 ist mit zwei Ausnahmen ebenfalls zuzustimmen:

  1. Der unter Nummer 1 Buchstabe c aufgeführte Tatbestand sollte gestrichen werden. Soweit die Finanzverwaltung antragsgemäß eine Vorauszahlung herabsetzt, sollte dies ausreichend begründet sein, sodass eine Vorabanforderung nicht sachgerecht ist.
  2. Die Finanzämter können eine automationsgestützte Zufallsauswahl anordnen. Dies ist im Interesse einer gleichmäßigen Auslastung der Finanzverwaltung anzuerkennen. Für Lohnsteuerhilfevereine ist zu berücksichtigen, dass die eingereichten Steuererklärungen in der Mehrzahl Steuererstattungen betreffen und diese Erklärungen überwiegend sehr frühzeitig eingereicht werden. Insoweit kann sich die Arbeitsbelastung der Beratungsstellen durch eine Zufallsauswahl zur frühzeitigen Anforderung in bestimmten Spitzenzeiten, die beispielsweise erfahrungsgemäß auch noch in den Monaten nach den Sommerferien auftreten, übermäßig erhöhen. Dies halten wir nicht für sachgerecht. Die genannte Quotenregelung könnte eine solche zusätzliche Belastung vermeiden. Bisher wird diese bei Lohnsteuerhilfevereinen jedoch nicht angewandt. Zudem besteht kein rechtlicher Anspruch auf Anwendung der Quotenregelung gem. § 149 Absatz 6 AO-E. Wir regen deshalb an, zumindest untergesetzlich eine Regelung zur Einschränkung der quotalen Vorabanforderung zu treffen, soweit eine ausreichende Anzahl von Steuererklärungen eingereicht wird.

Die gesetzliche Regelung einer Frist im Falle einer Vorabanforderung wird vom NVL begrüßt.


§ 152 – Verspätungszuschlaghttps://ste-u-err-echt.com/152ao/

In den in Absatz 2 genannten Fällen ist ein ermessensfreier Verspätungszuschlag festzusetzen. Dieser Verspätungszuschlag greift nach Ablauf der unter Nummer 1 genannten Frist in allen Fällen, in denen die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht. Wie bereits oben zu § 149 AO-E aufgeführt, besteht die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung auch in Fällen, in denen keine oder nur geringe Steuernachforderungen bestehen. Darüber hinaus können von der Finanzverwaltung abgabepflichtige Sachverhalte in verschiedenen Fällen nicht ausreichend geprüft werden. Der Steuervollzug bleibt aus, wenn Steuerpflichtige ihrerseits der Pflicht nicht selbst nachkommen.

Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Steuerfestsetzung erfordert ein ermessensfreier Verspätungszuschlag einen ausreichenden Steuervollzug. Anderenfalls müssten Steuerpflichtige, welche die Steuererklärung verspätet einreichen, den Verspätungszuschlag zahlen, während Steuerpflichtige, die nicht eigenständig tätig werden und nicht aufgefordert werden, verschont bleiben.

Nach Auffassung des NVL ist eine erhebliche Verbesserung zur Auswertung der Pflichtveranlagungstatbestände erforderlich. Gänzlich abzulehnen ist ein Mindest-Verspätungszuschlag unabhängig von der Höhe der nachgeforderten Steuer. Er führt zu widersprüchlichen und nicht gerechtfertigten Ergebnissen.

So wäre beispielsweise für einen Steuerpflichtigen mit Sonstigen Einkünften (Rentenbezügen) und einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 10 000 Euro, der 24 Monate nach Ablauf des Veranlagungsjahres „vorsorglich“ eine Steuererklärung einreicht, ein Verspätungszuschlag von 500 Euro festzusetzen. Eine Steuer ist hingegen nicht festzusetzen, da das Einkommen nach Abzug von Versicherungsbeiträgen den Grundfreibetrag nicht übersteigt.

Selbst wenn das Einkommen den Grundfreibetrag geringfügig überschreiten sollte, kann gemäß § 156 AO-E von einer Steuerfestsetzung abgesehen werden. Der Verspätungszuschlag wäre dennoch zu entrichten, da der Tatbestand der Abgabepflicht hiervon nicht berührt wird. Für Arbeitnehmerfälle verweisen wir beispielhaft auf die Intransparenz der Veranlagungspflicht bei zu hoher Vorsorgepauschale und fehlendem Steuervollzug in der Veranlagung. Wenn beispielsweise ein lediger Berufssoldat, für den die Vorsorgepauschale häufig die abziehbaren Versicherungsbeiträge überschreitet und deshalb zu einer – für den steuerlichen Laien nicht erkennbaren – Veranlagungspflicht führt, rechtsirrtümlich kurz vor Ablauf der vierjährigen Frist eine Antragsveranlagung einreicht, hätte das für ihn fatale Folgen. Er müsste für bis zu 36 Monate einen Mindest-Verspätungszuschlag von 1 800 Euro zahlen. Bei Nichtabgabe der Steuererklärung unterbleibt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Steuervollzug.

Zusammenfassend ergeben sich die Forderungen, dass

  • von einer Regelung eines Mindest-Verspätungszuschlags abzusehen ist,
  • im Zusammenhang mit einem ermessensfreien Verspätungszuschlag bei Nichtabgabe der Steuererklärung zeitnah und umfassend Aufforderungen erfolgen müssen.

§ 156 – Absehen von Steuerfestsetzung

Die geltende Ermessensvorschrift für eine Rechtsverordnung zum Absehen von Steuerfestsetzung und Änderung einer Festsetzung soll auf 25 Euro angehoben werden.

Der NVL sieht für diese Ausweitung der bisherigen Kleinbetragsverordnung kein zwingendes Erfordernis. Durch elektronische Datenübermittlung, automationsgestützte Veranlagung und elektronische Bekanntgabe verringern sich die technischen Kosten für einzelne Steuerbescheide. Damit besteht kein Anlass, Steuerfestsetzungen oder Steueränderungen wegen zu geringer Höhe abzulehnen.

Soweit wie im Artikel 4 vorgesehen die Anhebung auf 25 Euro lediglich für Fälle zu Ungunsten des Steuerpflichtigen erfolgen soll, sollte diese Einschränkung unmittelbar im Gesetz und nicht nur in der Verordnung erfolgen.

Darüber hinaus sollen die bestehenden Vorschriften in Absatz 2 zum Absehen von einer Steuerfestsetzung erweitert werden hinsichtlich der Zulässigkeit bundeseinheitlicher Weisungen für bestimmte und bestimmbare Fallgruppen. Die Kriterien hierzu dürfen nicht veröffentlicht werden. Diese Erweiterung wird vom NVL abgelehnt. Anders als beim Risikomanagement für die Veranlagung besteht kein Zusammenhang mit der Einführung elektronischer Verifikation. Das in der Gesetzesbegründung genannte Beispiel, dass Kontrolldaten nicht zugeordnet werden können, überzeugt nicht. Soweit solche Fälle auftreten, ist an deren Behebung oder zumindest Minimierung zu arbeiten. Keinesfalls sollten hieraus Fallgruppen abgeleitet werden, die nicht weiter verfolgt werden. Die vorgesehene Ausweitung könnte mangelnden Steuervollzug wegen fehlender Auswertungsmöglichkeiten oder Kapazitäten rechtlich legitimieren. Dies ist abzulehnen.


§ 173a – Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer Steuererklärung

Die Einführung der neuen Korrekturnorm ist sehr zu begrüßen. Sie berücksichtigt die Aufgabenverlagerung im Besteuerungsverfahren, insbesondere die Datenerfassung und Übermittlung durch den Steuerpflichtigen und den weitgehenden Belegverzicht. Mit der Vorschrift wird einer Forderung in der gemeinsamen Eingabe des Deutschen Steuerberaterverbandes, des Bundes der Steuerzahler sowie der Dachverbände der Lohnsteuerhilfevereine „Anpassung des Steuerverfahrens an die moderne Kommunikation mit der Finanzverwaltung“ Rechnung getragen.

Des Weiteren ist zu begrüßen, dass gegenüber dem Diskussionsentwurf die Korrektur innerhalb der Festsetzungsverjährung erfolgen kann. Damit ist der Korrekturzeitraum gegenüber der Berichtigung von Fehlern der Finanzverwaltung nach § 129 AO nicht verkürzt.

Nochmals geprüft werden sollte jedoch die weiterhin bestehende Einschränkung hinsichtlich ähnlicher offenbarer Unrichtigkeiten, die anders als beim § 129 AO in vorliegender Korrekturnorm ausgeschlossen sind. Dies gilt insbesondere, da wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt beispielsweise eine vergessene Übertragung von Besteuerungsgrundlagen in den Vordruck keinen Schreib-oder Rechenfehler darstellt, wohl aber eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit. Im Falle eines solchen Fehlers muss der Steuerpflichtige das Fehlen eines groben Verschuldens nachweisen, um eine Korrektur nach § 173 Absatz 1 AO zu erreichen.

Diese Hürde halten wir für nicht sachgerecht und nicht erforderlich, da die Korrektur letztlich die materiell-rechtliche Steuerfestsetzung zur Folge hat. Somit ergeben sich keine Steuerausfälle und es besteht kein Grund, die Rechte des Steuerpflichtigen gegenüber Korrekturmöglichkeiten der Finanzverwaltung einzuschränken.

Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten (mechanische Versehen) sind nach der Rechtsprechung beispielsweise nicht computergerechte Eingaben, die durchaus auch beim Steuerpflichtigen auftreten können, ohne dass Elster-Plausibilitätshinweise zu einer Korrektur veranlassen. Gerade weil im Zuge der Verfahrensänderungen durch Elster nicht mehr die Finanzbehörde, sondern der Steuerpflichtige bzw. sein Berater die Dateneingabe vornimmt, muss auf deren Ebene ebenfalls eine entsprechende Berichtigungsmöglichkeit für Eingabefehler vorhanden sein. Ungeachtet dessen sind Korrekturen nach der Vorschrift ohnehin ausgeschlossen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass beispielsweise eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung oder ein sachverhaltsbezogener Denkfehler vorliegt (AEAO zu § 129, Nr. 2).


§ 175b – Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte

Die Verortung der bisher in Einzelgesetzen enthaltenen Korrekturvorschriften bei Datenübermittlung durch Dritte in der Abgabenordnung ist zu begrüßen. Die Norm ist der Regelung in § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG nachgebildet.

Die vorgesehene Regelung lässt jedoch das Verhältnis zum Untersuchungsgrundsatz offen. Die Begründung weist ausdrücklich darauf hin, dass die von einem Dritten übermittelten Daten keine Bindungswirkung entfalten und eine grundsätzliche Prüfungspflicht der Finanzbehörde besteht, wenn die übermittelten Daten von den Angaben des Steuerpflichtigen abweichen. Ebenso wie bereits oben zum Untersuchungsgrundsatz und hier insbesondere zu den unter Absatz 6 des neuen § 88 vorgesehenen Regelungen ausgeführt, finden sich die in der Begründung genannten Grundsätze im Gesetzestext nicht wieder. Die Formulierung „zutreffend berücksichtigt“ in Bezug auf die gem. § 93c AO-E übermittelten Daten spricht dem Wortlaut nach dafür, dass die Daten in übermittelter Höhe zu übernehmen sind. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung des Einleitungstextes, dass der Steuerbescheid zu ändern ist.

Darüber hinaus bleibt offen, in welcher Beziehung die neue Korrekturvorschrift zur bestehenden Korrekturnorm § 173 Absatz 1 AO steht. Zur Anwendung des § 175b ist unbeachtlich, ob die „nicht oder nicht zutreffend berücksichtigten Daten“ bei der Veranlagung bereits vorlagen. So kann beispielsweise die Veranlagung zu Gunsten oder zu Ungunsten abweichen, obwohl der Steuerpflichtige alle Daten zutreffend in der Steuererklärung angegeben hat. Unabhängig von Auswertungsmängeln oder fehlerhafter bzw. fehlender Datenübermittlung wäre eine Korrektur nach § 175b AO innerhalb der Festsetzungsverjährung zulässig. Das geltende Recht stellt hingegen auf die Angaben in der Steuererklärung ab. Bei abweichender, materiell-fehlerhafter Festsetzung zu Gunsten des Steuerpflichtigen aufgrund der Übernahme Daten Dritter anstelle der korrekten Daten in der Steuererklärung scheidet eine Anwendung des §173 AO aus.

Nach der Konzeption des § 175b ist im Hinblick auf die von Dritten übermittelten Daten unabhängig von deren Kenntnis und den Zeitpunkt der Datenübermittlung eine Änderung zur Berücksichtigung dieser Daten stets möglich. Bereits diese zeitlich ausgeweitete und sachlich auf die übermittelten Daten bezogene Korrekturvorschrift verleiht diesen den Charakter eines Grundlagenbescheides, wie bereits ausgeführt. Aus diesem Grund sollten die Formulierungen modifiziert werden. Zeitlich sollte die Anwendung der Korrekturnorm auf Fälle beschränkt werden, in denen die Datenübermittlung nach der Steuerfestsetzung erfolgt ist, wobei der Empfang zur Weiterverarbeitung in den Datenverarbeitungssystemen der zuständigen Finanzbehörde maßgeblich sein kann. Sachlich ist zu ergänzen, dass vor der Übernahme gemäß dem Untersuchungsgrundsatz die rechtliche Würdigung der Finanzverwaltung obliegt.



Zu Artikel 3 – Änderung der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung


§ 5 – Information des Auftraggebers
§ 6 – Haftung des Auftragnehmers

Nach der vorgesehenen Neufassung sollen die bisherigen Festlegungen in § 6 Absatz 2 („Muss-Regelung“ zur Information des Auftraggebers) in eine Soll-Regelung in § 5 geändert werden.

Nach der Gesetzesbegründung soll dies dem Auftragnehmer (Datenübermittler) ermöglichen, dem Auftraggeber die Daten auch nachträglich (nach der Datenübermittlung an die Finanzverwaltung) zu übergeben. Die Pflicht des Auftraggebers zur unverzüglichen Überprüfung auf „Vollständigkeit und Richtigkeit“ bleibt unverändert.

Diese Regelung kann die Beratungsabläufe vereinfachen. Stellt der Steuerpflichtige Fehler fest, erfolgt eine Berichtigung bzw. Anzeige nach § 153 AO.

Gegenüber der bestehenden Regelung kommt verschärfend hinzu, dass der Auftragnehmer für verursachte Steuerverkürzungen haftet, wenn er auf die Informationspflicht gemäß § 5 StDÜV-E verzichtet und der Auftraggeber deshalb die übermittelten Daten nicht auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfen kann. Gleiches gilt bei unvollständiger Übermittlung der Daten, auch aus technischen Gründen.

Die Haftung entfällt nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass die fehlerhafte Datenübermittlung oder Pflichtverletzung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Diese Einschränkung gegenüber dem Diskussionsentwurf ist zu begrüßen.

Ungeachtet dessen besteht aus Sicht des NVL Änderungsbedarf.

1.Nach dem Wortlaut des § 5 sollen dem Auftraggeber die übermittelten Daten unverzüglich zur Überprüfung zur Verfügung gestellt werden. Diese Forderung wird erfüllt, wenn – beispielsweise ein Ausdruck des Datenprotokolls – nach Datenübermittlung übergeben wird.
In der Beratungspraxis erfolgt vielfach eine Übergabe bereits im Zusammenhang mit der Prüfung und Freigabe der Steuererklärung, also vor der Datenübermittlung. Unseres Erachtens ist maßgeblich, dass die übergebenen Daten den Inhalt des übertragenen Datensatzes wiedergeben. Ob die Daten vor oder nach der Datenübermittlung zum Zwecke der Überprüfung zur Verfügung gestellt werden, sollte nicht gesetzlich vorgegeben werden. Der Text sollte dahingehend angepasst werden.
2.Soweit die Datenübermittlung durch Personen oder Vereinigungen erfolgt, die zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt sind, dürften die berufsrechtlichen Vorschriften zusätzliche Haftungsregelungen entbehrlich machen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Haftung für Übermittlungen gem. § 93c Absatz 5 AO-E durch Regelungen in den Einzelgesetzen für bestimmte Datenübermittler aufgehoben ist (so in den §§10, 10a EStG-E).

Zu Artikel 5 – Änderung des Einkommensteuergesetzes


§§ 10, 10a

Es ist festzustellen dass trotz der Verortung zentraler Vorschriften zur Datenübermittlung in der Abgabenordnung die entsprechenden Vorschriften im Einkommensteuergesetz mit Bezug zur Datenmitteilung Dritter weiter ergänzt werden. Von einer inhaltlichen Bewertung sehen wir an dieser Stelle ab.

Zu den Regelungen ist insgesamt jedoch festzustellen, dass die Vorschriften nicht nur im Umfang weiter zunehmen. Insbesondere die vielfachen Verweise und Regelungen für Dritte beeinträchtigen die Lesbarkeit und das Verständnis. Nach unserer Auffassung sollten sich die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes vorrangig an den Steuerpflichtigen wenden. Insoweit sollten sie auch für steuerliche Laien grundsätzlich verständlich sein. Vor diesem Hintergrund erachten es wir für zweckmäßig, diejenigen Regelungen, die den Steuerpflichtigen betreffen (Abzugstatbestände und Voraussetzungen seitens des Steuerpflichtigen), von den Regelungen, die sich an Dritte richten, systematisch zu trennen.


§ 46 Absatz 3, 4 – Streichung des Härteausgleichs

Mit Bezug auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes soll der sogenannte Härteausgleich gestrichen werden. Diese materiell-rechtliche Änderung ist abzulehnen.

Der Zweck der geltenden Regelung besteht darin, Besteuerungsunterschiede zwischen veranlagten und nicht veranlagten Arbeitnehmern zu vermeiden (vgl. Beck-Verlag: Schmidt/Kulosa, EStG § 46 Rz. 44).

Aus Vereinfachungsgründen besteht trotz des Vorliegens weiterer, nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegender Einkünfte keine Pflicht zur Veranlagung, wenn die Summe dieser Einkünfte 410 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. Diese Bagatellregelung in § 46 Absatz 2 Nr. 1 EStG soll mit dem Gesetzentwurf nicht abgeschafft werden.

Diese Regelung bewirkt für nicht veranlagte Arbeitnehmer eine Steuerfreistellung weiterer Einkünfte, wenn diese in der Summe 410 Euro nicht übersteigen. Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegenüber veranlagten Arbeitnehmern, bei denen weitere Einkünfte folgerichtig zu deklarieren und im Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfassen sind, bewirkt der Härteausgleich einen Abzug der Nebeneinkünfte vom Einkommen, soweit der Betrag von 410 Euro nicht überschritten wird. Für einen gleitenden Übergang zur Vollbesteuerung der Nebeneinkünfte erfolgt bei einer Summe von 411 bis 820 Euro der Abzug des Differenzbetrages zu 820 Euro (§ 46 Absatz 6 i. V. m. § 70 EStDV).

Bei Streichung des Härteausgleichs wäre die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zwischen veranlagten und nicht veranlagten Arbeitnehmern gestört. Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttoarbeitslohn von 30 000 Euro würde im Veranlagungsfall bei 400 Euro weiteren, nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Einkünften mit einer zusätzlichen Einkommensteuer von 116 Euro belastet werden (geltender Tarif). Diese Steuerbelastung entfällt, wenn der Arbeitnehmer – zulässigerweise – nicht veranlagt wird.

Die Ungleichbehandlung könnte nur durch gleichzeitige Streichung der Bagatellgrenze von 410 Euro in § 46 Absatz 2 Nummer 1 EStG vermieden werden. Dies würde jedoch zu unwirtschaftlicher Veranlagung bei geringen Nebeneinkünften führen.

Die Wirkung und Zielrichtung der vorgesehenen Aufhebung des Härteausgleiches ist folglich eine Steuererhöhung für veranlagte Arbeitnehmer und bereits aus diesem Grund abzulehnen.

Die Gesetzesbegründung unter Bezug auf den Bericht des Bundesrechnungshofes ist nicht nachvollziehbar und unseres Erachtens unzutreffend. Weder das Bestehen noch eine Streichung des geltenden Härteausgleichs führt zu signifikantem Verwaltungsaufwand. Da der Abzug programmtechnisch gesteuert wird, dürfte der Aufwand vernachlässigbar sein.

Ergänzend ist kritisch anzumerken, dass der Bericht des Bundesrechnungshofes bisher nicht abrufbar ist und insoweit nicht bewertet werden kann.



Zu Artikel 6 – Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung


§ 50 – Zuwendungsbestätigung

Die Neufassung regelt, dass zukünftig die Vorlage der Zuwendungsbestätigung nicht mehr eine materiell-rechtliche Voraussetzung zum Abzug darstellt. Die Zuwendungsbestätigung ist lediglich auf Verlangen vorzulegen. In diesem Zusammenhang legt Absatz 5 Satz 2 der Neufassung fest, dass die Bescheinigungen grundsätzlich ein Jahr nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren sind. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Bescheinigungen aufgrund eines Verlangens der Finanzbehörde vorgelegt worden sind. Folglich gilt die Aufbewahrungsfrist selbst dann, wenn die Bescheinigungen freiwillig mit der Steuererklärung eingereicht wurden.

Diese Regelung offenbart ein Grundsatzproblem zum Belegverzicht und sollte nochmals überdacht werden. Wir halten diese Regelung zumindest bei Kleinspenden für entbehrlich. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die Aufbewahrungspflicht durch entsprechende Angaben auf der Zuwendungsbescheinigung für den Steuerpflichtigen deutlich vermerkt wird – ähnlich der Aufbewahrungspflicht für Handwerkerrechnungen.

Im Zuge der zu schaffenden Möglichkeit zur Übermittlung elektronischer Belege sollte die zusätzliche Aufbewahrungspflicht wieder aufgehoben werden, zumindest soweit die Belege mit der Steuererklärung übermittelt werden. Dies muss auch für freiwillig übermittelte Belege gelten.



Mit freundlichen Grüßen


Uwe Rauhöft
Geschäftsführer


NVL NEUER VERBAND DER
LOHNSTEUERHILFEVEREINE E. V


Quellennachweis:

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/18_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2016-07-22-Steuermodernisierungsgesetz/Stellungnahme-21-NVL.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

HTTPS://STE-U-ERR-ECHT.COM/REFERENTENENTWURF/

Stellungnahme zum Referentenentwurf

HTTPS://STE-U-ERR-ECHT.COM/STELLUNGNAHME/

Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679)

HTTPS://STE-U-ERR-ECHT.COM/BGBL/

Steuerberaterprüfung – Ertragsteuerrecht

HTTPS://STE-U-ERR-ECHT.COM/STEUERBERATERPRUEFUNG-ERTRAGSTEUERRECHT/

§ 2 EStG– Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen

HTTPS://STE-U-ERR-ECHT.COM/%C2%A72ESTG/
Stellungnahme des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL)

Spread the love

Liked this post? Follow this blog to get more. 

tax

Herzlich Willkommen auf meiner Website / meinem Blog Steuerrecht. Ich bin ausgebildete Finanzwirtin und arbeite in Düren als selbständige Beratungsstellenleiterin für einen der größten Lohnsteuerhilfevereine Deutschlands. Mit meiner Website / meinem Blog möchte ich euch bei steuerlichen Fragen beratend zur Seite stehen und auch informieren. Viel Spaß beim Stöbern. Bleibt gesund.

Wenn euch der Beitrag gefallen hat, dann hinterlasst mir doch einfach ein positives Feedback. Vielen Dank und liebe Grüße

%d Bloggern gefällt das: